Kolumne Studentenleben Werbung mit Beigeschmack

Werbung macht nicht immer Sinn und verfehlt ab und an auch den richtigen Ton und ihr Ziel. Unser Autor hat dafür ein aktuelles Beispiel an der Uni-Mensa entdeckt.

 Joshua Poschinski studiert Germanistik und Politikwissenschaften in Düsseldorf an der HHU.  Foto: privat

Joshua Poschinski studiert Germanistik und Politikwissenschaften in Düsseldorf an der HHU. Foto: privat

Foto: Poschinski

Nach einer Recherche in der Landesbibliothek schlendere ich Richtung Mensa, um dort für 1,30 Euro Spaghetti zu essen. Als ich dort ankomme, steht ein meterhohes Gerüst vor dem Eingang. Daran gespannte Plakate wehen im Wind, Kunststoff-Becher sind darauf abgebildet. Das Rad ist nicht neu erfunden, den Look kennt man: wiederverwendbare Kaffeebecher, um To-Go-Behälter zu vermeiden – und im Umkehrschluss die Umwelt zu schützen. Coole Idee, denkt man dann, mit Blick auf die quadratkilometergroßen Müllberge im Meer. Über dem Foto der Mehrweg-Tassen lese ich aber noch folgenden Satz: „Wer Recup nutzt, ist 80 Prozent weniger gefährdet, eine Arschgeige zu sein.“

Darüber muss ich erst mal nachdenken, während ich vor meiner Portion Bolognese sitze. Platt ausgedrückt behauptet Recup also, dass man durch die Nutzung ihrer Produkte zum besseren Menschen wird? Oder im Umkehrschluss eben keiner sei, was die Plakatmacher mit der Unterschrift „Es ist so einfach, gut zu sein“ unterstreichen. Als ob man nur durch das Benutzen der Kunststoff-Becher all den Müll aus dem Wasser saugen würde. Damit immerhin das eigene Gewissen rein ist.

Während ich mich also der günstigen italienischen Illusion hingebe, in Bologna statt der Mensa zu sitzen, frage ich mich wirklich, wer sich diesen verqueren Unsinn ausgedacht und auf riesige Plakate gedruckt hat. Wahrscheinlich Recup, aber das ist nur eine Vermutung. Denn das neoliberale Start-up-Gehabe bringt damit nichts weiter hervor, als die Klimakatastrophe in der Kluft des moralisierenden Drucks zu versenken. „Klingt doch hip und voll locker, macht sich bestimmt gut bei Studenten“, dachte man sich wahrscheinlich im Marketing-Team des Herstellers.

Abgesehen davon, dass der Witz wirklich nicht gut ist, verfehlt er auch das Ziel, tatsächlich etwas zur Aufklärung des Klimaschutzes beizutragen – was ja die Absicht der Werbekampagne zu sein scheint. Wer das drohende Ausmaß dieser Krise vielleicht nicht versteht oder wem es schlicht egal sein mag, wird mit einer halbherzigen Beleidigung kaum überzeugt werden können. Schließlich ist es bequemer, sich bei der ohnehin schon bewussteren Zielgruppe mit Begriffen wie „nachhaltig“ zu profilieren, aber helfen tut das niemandem – außer dem eigenen Ego. Man kann es sich eben sehr einfach machen, indem man sagt, es wäre „einfach, gut zu sein“, denke ich und beende diesen Gedanken damit vorerst, während ich mit vollem Magen zurückschlendere.

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