Interview mit Berufsberater Johannes Wilbert Wie man Worthülsen erkennt

Seit 14 Jahren berät Johannes Wilbert vom Institut zur Berufswahl Schüler in Düsseldorf und Umgebung zum Thema Berufswahl. Im Interview spricht der Experte, der bei "Impuls – Das Forum rund ums Studium" zu Gast sein wird, über Kardinalfehler bei der Studienfach- oder Ausbildungsplatzsuche.

Seit 14 Jahren berät Johannes Wilbert vom Institut zur Berufswahl Schüler in Düsseldorf und Umgebung zum Thema Berufswahl. Im Interview spricht der Experte, der bei "Impuls — Das Forum rund ums Studium" zu Gast sein wird, über Kardinalfehler bei der Studienfach- oder Ausbildungsplatzsuche.

Wie finden Schüler den für sie passenden Studienplatz?

Johannes Wilbert Schüler sollten sich zu Beginn vor Augen führen: Was macht mich aus? Wofür interessiere ich mich und wofür kann ich mich begeistern? Jeder Mensch hat Interessen, Begabungen und Bedürfnisse. Daraus lassen sich Motivbilder ableiten, die ganz wichtig sind für die Berufswahl. Denn wer sich über die persönliche Motivation im Klaren ist, für den scheiden bereits viele Berufsbilder aus.

Welche Rolle spielt die Meinung der Eltern oder von Freunden bei der Berufswahl?

Wilbert Oft eine zu große. Selbstbestimmt statt fremdbestimmt lautet das Credo. Meinungen wie "Dein Traumberuf ist aber doch am Arbeitsmarkt nicht gefragt" sollten jungen Menschen durchaus selbstbewusst entgegen treten, um den Beruf auszuwählen, der wirklich zu einem passt. Ich warne davor, einfach ein Allgemeinstudium wie zum Beispiel BWL zu beginnen, ohne seine Motivbilder zu kennen, und damit zu meinen, sich "alle Optionen offen zu halten". Das kann schiefgehen.

Für wen ist ein Studium, für wen eher eine Ausbildung das Richtige?

Wilbert Das hängt davon ab, wie ausgeprägt die kognitiven, praktischen und emotionalen Kompetenzen sind. In einem Studium sind eher kognitive Kompetenzen gefragt, also Denkvermögen, analytische Fähigkeiten und das Reproduzieren von Wissen. Emotionale Kompetenzen, Entscheidungen nach dem Gefühl zu treffen, sind hier kaum gefragt. In einer Ausbildung steht das Praktische im Vordergrund, das "learning by doing", erst dann emotionale und kognitive Kompetenzen. Wer dort Stärken hat, sollte sich auch für eine Ausbildung oder praxisbezogenes Studium entscheiden und im Anschluss vielleicht ein Voll-Studium beginnen.

Wann sollten sich junge Menschen für ein duales Studium entscheiden?

Wilbert Bei einem dualen Studium steht das ganzheitliche Lernen im Vordergrund, theoretische und praktische Ausbildungsabschnitte finden im Wechsel statt. Beeindruckend finde ich: Während die Abbruchquote bei öffentlichen Studiengängen bei bis zu 40 Prozent liegt, werden duale Studiengänge nur in etwa zehn Prozent der Fälle abgebrochen. Ein weiterer Vorteil ist: Bei einem dualen Studium findet oft ein Auswahlverfahren statt. Durch diesen Prozess kann der Interessent herausfinden, ob das Ausbildungsfach etwas für einen ist oder nicht.

Wenn Schüler das für sie passende Thema gefunden haben, bleibt trotzdem oft die Qual der Wahl der richtigen Ausbildungseinrichtung. Wie behalten Schüler den Überblick?

Wilbert Bei 320 anerkannten Ausbildungsberufen und rund 9000 Grund-Studiengängen in Deutschland ist ein Überblick über alle Angebote in der Tat schwierig. Wichtig ist vor allem, sich nicht von Worthülsen wie "internationales Management" verwirren zu lassen. In diesem Fall geht es um Fremdsprachen-Kenntnisse und ökonomisches Wissen in Form eines BWL-Studiums. Beim Übersetzen dieser Worthülsen helfen unter anderem Berufsberater wie ich.

Meistgelesen
Zum Thema