Ehrenamtsportal der Hochschulen Im Einsatz für andere

Christina Post engagiert sich freiwillig für andere Studierende und unterstützt etwa die Erstsemester. Die Düsseldorfer Uni fördert das ehrenamtliche Engagement ihrer Studierenden jetzt durch ein Ehrenamts-Portal.

 Für Christina Post (22) ist der Campus ihr Lebensmittelpunkt: Die 22-Jährige engagiert sich in der Fachschaft und im AStA.

Für Christina Post (22) ist der Campus ihr Lebensmittelpunkt: Die 22-Jährige engagiert sich in der Fachschaft und im AStA.

Foto: Christoph Goettert

So viel Zeit wie Christina Post verbringen wohl nicht alle Studierenden an der Heinrich-Heine-Uni: Die 22-Jährige ist nämlich in der Regel von morgens 8 bis abends 18 Uhr auf dem Campus unterwegs - und das freiwillig.

Denn Christina ist nicht nur Studentin der Germanistik und Anglistik im sechsten Semester. Sie engagiert sich auch in der Fachschaft und im AStA. So ist der Campus heute ihr absoluter Lebensmittelpunkt, auf dem sie zwischen Seminarräumen, Hörsälen, Fachschaftsraum und AStA-Referat hin und her pendelt.

Wie stark sich die Fachschaftsräte und der AStA für die Studierenden engagierten, sei den meisten gar nicht klar, sagt Christina. So steckt sie mit ihrem Team beispielsweise in der Organisation der Erstsemester-Woche der Anglisten. 500 Neulinge entdecken mit ihrer Hilfe Campus und City, bekommen Antworten auf Fragen und werden untereinander vernetzt.

"Ohne diese Woche ist man ganz schön verloren und allein auf dem Campus", sagt Christina. Der Fachschaftsrat hilft außerdem bei Fragen und Problemen mit dem Institut oder mit Lehrenden, ist Ansprechpartner bei sozialen Problemen und sitzt auch in der Kommission zur Berufung neuer Lehrender und des Institutsvorstands.

Beim AStA arbeitet Christina im Kommunikationsreferat - nur eines von 14 Referaten, in denen sich Studierende freiwillig engagieren. "Interne und externe Kommunikation, Social Media-Posts und Arbeiten an der Homepage - all das gehört zu meinem Alltag. Das würde ich bei einem Praktikum so vermutlich gar nicht machen. Also bringt mir mein Ehrenamt nicht nur Spaß - sondern auch wertvolle Skills für spätere Jobs."

Der AStA sei schließlich eine Art mittelständisches Unternehmen mit zahlreichen kostenlosen Angeboten wie etwa Schuldner- oder Budgetberatung, der Tuesday Night Lounge mit Karaoke und Konsolen-Abenden oder Vorträgen und Filmabenden des Schwulenreferats - alles organisiert von sich ehrenamtlich engagierenden Kommilitonen.

Die sind mit Spaß und Leidenschaft bei der Sache - aber ein Ehrenamt kann eben auch nützliche Facetten für den späteren Job haben. Das hat auch der Career Service der Heinrich-Heine-Universität (HHU) erkannt und möchte freiwilliges Engagement seiner Studierenden fördern: Ein neues Online-Portal hilft, sich schnell und einfach ein passendes Ehrenamt zu suchen - und zwar auf dem Campus in Düsseldorf.

Ehrenamtsgeber sind etwa der Botanische Garten, das Erasmus Student Network oder das Teddybärenkrankenhaus der Fachschaft Medizin. "Das Portal zeigt ganz genau, wo welche Stellen frei sind, beantwortet Fragen, und Erfahrungsberichte gibt es auch", sagt Ilke Kaymak vom Career Service.

Mit dem freiwilligen Engagement könnten die Studenten ihr Persönlichkeitsprofil schärfen. "Wie auch ein Praktikum oder ein Auslandsaufenthalt ist ein Ehrenamt für die Arbeitgeber ein Indiz dafür, wie motiviert und leistungsfähig der Bewerber ist", sagt Kaymak.

Vor allem in Unternehmen mit angelsächsischer Unternehmenkultur seien Ehrenämter gefragt. Es zeige, dass jemand Leidenschaft und damit Potenzial mitbringe. Hinzu kommt: "Im Rahmen eines Ehrenamts kann man meist Tätigkeiten übernehmen, die bei einem Praktikum nur bedingt oder gar nicht zugänglich sind", sagt Ilke Kaymak.

Die Anbieter auf dem neuen Portal wurden durch das Rektorat der HHU ausgewählt. Interessierte können somit darauf vertrauen, dass sie sich für eine seriöse Sache engagieren. Als sichtbares Zeichen der Anerkennung erhalten die Ehrenamtlichen neben einem Zeugnis auch ein von der HHU ausgegebenes Zertifikat, das sie ihren Bewerbungsunterlagen beifügen können.

 Ergebnis eines Service Learning-Projekts: der Kölsche Fairführer - ein Guide für fairgehandelte Produkte.

Ergebnis eines Service Learning-Projekts: der Kölsche Fairführer - ein Guide für fairgehandelte Produkte.

Foto: Professional Center

Christina Post hat mit der Organisation der Ersti-Woche beispielsweise auch Erfahrungen in Projektmanagement, Event-Planung und Teambuilding gesammelt. "Außerdem muss man stressresistent sein", sagt die 22-Jährige. Sie ist begeistert davon, dass man an der Universität alle Freiheiten hat, selbst etwas auf die Beine zu stellen. "Ihr könnt euch mit keiner Liste im Studierendenparlament identifizieren? Dann gründet doch eine!"

Nach diesem Motto hat Christina übrigens auch eine Wohnung gefunden: Als sie vergeblich nach einem Zimmer in Düsseldorf suchte, aber nicht fündig wurde, gründete sie eine Facebook-Gruppe zur Wohnungssuche. Die hat heute fast 5000 Mitglieder.

Auch die Universität zu Köln fördert ehrenamtliches Engagement - und bindet es sogar ins Studium ein. Beim sogenannten Service Learning unterstützen Teams von Studierenden gemeinnützige Organisationen und Vereine ein Semester lang durch die Realisierung von Projekten. Sie drehen Imagefilme, etwa für das Projekt "Krankenwagen Herzenswunsch" der Malteser Hilfsdienste in Leverkusen, oder entwickeln Konzepte, wie man ein Bürgerzentrum bekannter machen oder auch studierwillige Flüchtlinge in den Unibetrieb integrieren kann.

Dabei werden sie von Profis aus der Praxis unterstützt. "Wir bieten in diesem Semester 22 Projekte an, für die sich Studierende aller Fachbereiche anmelden können", sagt Pia Kollender, Koordinatorin des Service Learnings im ProfessionalCenter der Uni Köln. "Die Studierenden arbeiten rund zwölf Wochen an ihrem Projekt. Sie besprechen mit den gemeinnützigen Einrichtungen, was gewünscht ist, und setzen dies um. So können etwa Studierende der Wirtschaftswissenschaften Eventmanagement, PR oder Kampagnenmanagement aus der Theorie direkt in die Praxis umsetzen. Projektmanagement und Akquise kennen viele nur aus dem Hörsaal - hier werden sie praktisch angewandt."

Ein weiterer Vorteil des Service Learnings: Viele der Projektpartner nehmen keine freiwilligen Praktikanten an. Über das Service Learning bekommen die Studierenden aber dennoch einen Fuß in die Tür. "Außerdem hat man die Möglichkeit, Berufsfelder kennenzulernen. Und das während des Semesters. Und nicht bei einem Extra-Praktikum, zu dem vielen die Zeit fehlt", sagt Pia Kollender.

Praktische Erfahrungen - genau das ist es, was viele Personalentscheider im Lebenslauf sehen wollen, bestätigt auch die selbstständige Studienberaterin Karin Wilcke aus Düsseldorf. "Wer schon ganze Projekte - wie beim Service Learning - umgesetzt hat, sollte dies auch genau so in den Lebenslauf schreiben, und nicht unter "Ehrenamt", "Nebenjobs" oder "Praktika" verstecken."

Genau diesen Fehler machen viele Uni-Absolventen aber bei den ersten Bewerbungen. "Berufliche Erfahrungen" wäre dagegen die richtigere Bezeichnung, um den Blick der Personaler auf Qualifikationen wie Projektmanagement oder Eventplanung zu richten. "Ob das bezahlt oder ehrenamtlich gemacht wurde, spielt doch keine Rolle", sagt Karin Wilcke. "Ein Imagefilm, bei dem ich mitgemacht habe, ist ja quasi schon eine Art Arbeitsprobe."

Ehrenamtliches Engagement komme bei den Arbeitgebern natürlich immer gut an, schließlich sei es sympathisch, wenn sich jemand für andere einsetze. Aber: "Es wird auch immer geschaut, was gemacht wurde. Und das muss man gut verkaufen. Wer ehrenamtlich Nachhilfe für Flüchtlingskinder gibt, hat Erfahrungen mit Gruppenunterricht und interkulturelle Kompetenzen", sagt Wilcke. Und schon hebe er sich damit von anderen Bewerbern ab.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort