Anfechtung Falsch bewertet - was tun?

Form- und Bewertungsfehler erschweren den Alltag der Studenten. Doch die können sich wehren. Allerdings müssen unbedingt alle Fristen zur Anfechtung eingehalten werden.

 Oft werden richtige Antworten in Multiple-Choice-Tests fälschlicherweise mit Minuspunkten bewertet.

Oft werden richtige Antworten in Multiple-Choice-Tests fälschlicherweise mit Minuspunkten bewertet.

Foto: BrianAJackson/thinkstock

Wenn unter der Klausur oder Hausarbeit eine Note steht, die man selbst deutlich besser eingeschätzt hat, ist der Ärger groß. Härter trifft es Studierende, die durch die Prüfung rasseln, obwohl sie das Gefühl hatten, bestens vorbereitet zu sein. Richtig dramatisch wird es, wenn es sich um den letzten Versuch handelt und das Ergebnis das unfreiwillige Ende des Studiums bedeutet.

Das Problem fehlerhafter Benotung kennen die Rechtsanwälte von Birnbaum & Partner nur zu gut. Täglich richten durchschnittlich zehn Studierende aus ganz Deutschland ihr Anliegen an die Kölner Kanzlei, die sich bundesweit auf Hochschulrecht spezialisiert hat. Die Anfragen lassen sich überwiegend in zwei Kategorien einteilen, sagt Dr. Christian Birnbaum: "Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen Formfehlern und Bewertungsfehlern. Während Formfehler häufig vorkommen und auf Grundlage der Prüfungsordnung nachgewiesen werden können, sind Bewertungsfehler durch den Bewertungsspielraum des Dozenten sehr schwer zu beweisen."

In solchen Fällen gilt es aufzuzeigen, dass der Studierende seinen fachwissenschaftlichen Standpunkt in der Prüfung nachvollziehbar vertreten hat. Der Aufwand sei allerdings enorm und die Chancen auf Erfolg sehr gering. Sein Kanzleikollege Christian Teipel, der sich bei Birnbaum & Partner ausschließlich mit Prüfungsrecht beschäftigt, nennt ein klassisches Beispiel für die Problematik: "Wenn ein Studierender in einer Prüfung neun von zehn Fragen richtig beantwortet, aber trotzdem durchfällt, argumentiert der Prüfer häufig, dass es eben auf diese eine Frage ankam. Das Gegenteil zu beweisen, ist fast unmöglich." Da die Frage der Benotung fast immer in den Beurteilungsspielraum des Dozenten fällt, raten die Experten Studierenden, die bestanden haben, aber mit ihrer Note unzufrieden sind, in den meisten Fällen von einer Verfolgung ab.

Ganz anders sieht es bei Formfehlern aus, auf die Birnbaum & Partner rund 98 Prozent ihrer Fälle im Prüfungsrecht stützen. "Da Fehler bei der Durchführung der Prüfungen häufig vorkommen, können wir Studierenden in den meisten Fällen weiterhelfen", sagt Birnbaum. Ein Erfolg ist in diesen Fällen ein neuer Versuch, den die Hochschule gestattet. Vorher wird allerdings sorgfältig geprüft, wie realistisch die Chancen stehen. Während die Prüfung für das medizinische Physikum meistens wasserdicht ist, schleichen sich in studienbegleitenden Fächern bei jeder zweiten bis dritten Prüfung Fehler bei der Durchführung ein, sagt Christian Teipel. Der Vertrauensanwalt der Allgemeinen Studierendenausschüsse der Uni Köln, der Fernuniversität Hagen und der RWTH Aachen kennt seine "Pappenheimer" unter den Hochschulen, die es mit der Prüfungsordnung nicht immer so genau nehmen. Während beispielsweise Düsseldorf in diesem Bereich eher unauffällig ist, führt der Experte für Prüfungsrecht gegen die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln oder die Deutsche Sporthochschule Köln regelmäßig Verfahren.

Die möglichen Durchführungsfehler sind vielfältig: "In NRW wird zum Beispiel häufig gegen das Zweitprüfer-Gesetz verstoßen", sagt Christian Teipel. Ein Dauerbrenner seien auch Antworten in Multiple-Choice-Tests, die fälschlicherweise mit Minuspunkten bewertet werden. Oft kommt es vor, dass eine Prüfung zu lange dauert oder dem Prüfling zu wenig Zeit eingeräumt wird. Diese Kriterien schreibt die jeweilige Studienordnung vor. Das Landeshochschulgesetz legt fest, dass ein prüfungsbefugter Professor vom Prüfungsausschuss bestellt werden muss. "Dieses Prozedere wird oft nicht eingehalten", sagt der Hochschulrechtler. "Dann stehen die Chancen gut, dass die Prüfung wiederholt werden muss." Wer Zweifel an der Richtigkeit des Prüfungsergebnisses hegt, sollte sich unbedingt juristisch beraten lassen, sagt Dr. Christian Birnbaum. "Wichtig ist, dass alle Fristen zur Anfechtung eingehalten werden."

(RP)
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