Herbst Bunte Blätter – Schwerstarbeit für den Baum

Düsseldorf · Hinter den Farben und dem Blätterabwurf des Herbstes stecken komplizierte Prozesse – und ein tieferer biologischer Sinn.

Herbst: Bunte Blätter – Schwerstarbeit für den Baum
Foto: dpa, Marion Nickig

Hinter den Farben und dem Blätterabwurf des Herbstes stecken komplizierte Prozesse — und ein tieferer biologischer Sinn.

Für die Einen ist es ein trauriger Abschied, für die Anderen ein faszinierendes Spektakel. Wenn die Bäume im Herbst ihre Blätter verfärben und schließlich abwerfen, löst dies bei Menschen ganz unterschiedliche, in jedem Falle aber intensive Empfindungen aus. Für die Akteure selbst indes ist das ganze Prozedere einfach nur überlebenswichtig. Denn ohne Laubabwurf würden sie im Winter verdursten - und ohne die knalligen Farben würden Schädlinge über sie herfallen.

Welche Bäume verlieren im Herbst ihren Blattbestand?

Fast alle Laubbäume, ausgenommen Buchsbaum und Stechpalme. Wenn man den Efeu mit seinen hölzernen Stämmen zu den Bäumen zählt, muss ihn ebenfalls den Ausnahmen zurechnen. Nadelgehölze bleiben in der Regel ebenfalls grün, ihre Blätter hängen über mehrere Jahre am Ast. Eine Ausnahme bilden hier die Lärchen, sie werfen im Herbst regelmäßig ihre Nadeln ab.

Kommt es generell vor dem herbstlichen Laubfall zu einer Verfärbung der Blätter?

In der Regel schon. Bei Eichenblättern allerdings wechselt die gelbe Farbe schon nach wenigen Tagen in ein schmutziges Braun, weil sie viele Gerbstoffe enthalten, die noch am Ast oxidieren.

Was läuft physiologisch beim Verfärben ab?

Die gelbe über orange bis rote Färbung entsteht, wenn das Chlorophyll, also der grüne, für die energieliefernde Photosynthese benötigte Farbstoff abgebaut wird und andere Farbpigmente in den Blättern zum Vorschein kommen. Es handelt sich in erster Linie um gelbe Carotinoide und rote bis violette Anthocyane. Man kennt sie von Obst und Gemüse, beispielsweise von Möhren und Brombeeren.

Gibt es einen botanischen Sinn für die Laubverfärbung?

Bei den Gelbtönen ist die Antwort einfach: Die Carotinoide sollen nach dem Abschied des — im Aufbau und Erhalt sehr aufwendigen — Chlorophylls noch ein wenig spätsaisonale Energiegewinnung für den Baum leisten. Bei den Rottönen ist die Antwort etwas komplizierter. Die Anthocyane schützen einerseits vor UV-Strahlen, die an einem sonnigen Herbstmorgen durchaus noch intensiv sein können und vom Chlorophyll ja nicht mehr abgefangen werden, und andererseits wirken sie bei Schädlingen wie ein Stoppsignal und eine Aufforderung zum Fernhalten. Dieser Mechanismus klappt indirekt selbst bei Blattläusen, die gar kein Rot sehen können: Durch die Anthocyanverfärbung sehen sie das Gelb der Carotinoide nicht mehr so gut — und diese Farbe ist für den Schädling noch attraktiver als ein sattes Blattgrün.

Warum fallen die Herbstfärbungen mal mehr, mal weniger intensiv aus?

Die roten und gelben Töne sind besonders kräftig, wenn die Tage warm und sonnig, die Nächte kalt und klar sind. Das ist in Mitteleuropa jedoch nicht immer der Fall, weswegen die Laubfarben von Jahr zu Jahr wechseln können. Anders in Nordamerika. "Aufgrund der stabileren klimatischen Bedingungen kann man eine intensive, spektakuläre Herbstfärbung erwarten, der weithin als Indian Summer bekannt ist", erklärt Veit Dörken vom Botanischen Verein Bochum.

Nach dem Verfärben kommt das Abwerfen der Blätter. Was hat das für einen Sinn?

Im Winter kann der Baum kaum Wasser aus dem oft gefrorenen Boden ziehen, also darf er auch nur wenig Wasser nach oben abgeben. Aus diesem Grunde werden die Organe mit der größten Verdunstungsoberfläche — eben die Blätter — abgeworfen. Kurz vorher werden ihre Nährstoffe abgezogen und in Stamm und Wurzel gespeichert, wo der Baum sie im nächsten Frühjahr wieder für den Blattaustrieb und das Wachstum aufs Neue mobilisieren kann.

Was passiert physiologisch beim Abwurf der Blätter?

Er wird durch spezielle Hormone an den Blattstielen eingeleitet. Durch ihren Einfluss bildet sich Trenngewebe, das sich verkorkt und die Blätter regelrecht von den Ästen abzwickt. Eichen und Hainbuchen behalten allerdings ihre vertrockneten Blätter lange, bis zum einsetzenden Frühling. Der Grund: Sie bilden kein Trenngewebe, sondern so genannte Thyllen, die lediglich die Nährstoffwege unterbrechen. Das Laub wird meistens erst mit den ersten Frühjahrsstürmen vom Baum gefegt.

(RP)
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