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Neandertaler-Forschung Blick in die urzeitliche Speisekarte

Tübingen (rpo). Vor 150 Jahren wurde das Skelett eines Neandertalers in der Nähe von Düsseldorf gefunden. Vieles haben die Wissenschaftler seitdem über diesen Neandertaler herausgefunden, aber bei einem Thema tappen sich noch im Dunkeln: Wie sah die Speisekarte des Frühmenschen aus? Mit Hightech-Geräten soll dieses Rätsel nun gelöst werden.

 So sieht der Schädel des Neandertalers aus, aber was hatte er damals im Bauch?

So sieht der Schädel des Neandertalers aus, aber was hatte er damals im Bauch?

Foto: ddp

Wenn Ralf Schmitz vom Tübinger Institut für Ur- und Frühgeschichte von seinem Neandertaler spricht, kommt er ins Schwärmen. Als "Mona Lisa der Urgeschichtsforschung" bezeichnet der Archäologe das Skelett des original Neandertalers aus dem Neandertal in Mettmann bei Düsseldorf, das 1856 entdeckt wurde und den Grundstock für die weltweite wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Urmenschen bildete. Auch fast 150 Jahre später ist allerdings nicht geklärt, von was sich dieser urzeitliche Mensch ernährte. Mit Hightech-Methoden versuchen Schmitz und Kollegen nun, den Speiseplan des Neandertalers zu ergründen.

Unter der Leitung von Schmitz wird das berühmte Skelett bereits seit 1991 von einem internationalen Forscherteam umfassend unter die Lupe genommen. Das Spektrum der Arbeiten ist dem Archäologen zufolge "riesig" und reicht von der inzwischen abgeschlossenen Datierung auf ein Alter von 42 000 Jahren bis zur weltweit ersten genetischen Untersuchung an einem Neandertaler. 19 Wissenschaftler aus 14 Instituten sind daran beteiligt. Seit 2004 ist Schmitz nun in Kooperation mit Michael Richards vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig auch dem Speisezettel des Frühmenschen aus dem heutigen Nordrhein-Westfalen auf der Spur.

Für die Analyse der Ernährungsgewohnheiten greifen die Wissenschaftler auf hochmoderne chemische Untersuchungsmethoden zurück, die laut Schmitz erst vor einigen Jahren entwickelt wurden: Dabei werden mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers die Mengen von Stickstoff und Kohlenstoff in den Skelettknochen bestimmt. Denn je nachdem, ob Fleisch oder Pflanzen die Hauptnahrungsquelle waren, ist das Verhältnis dieser Stoffe unterschiedlich. Im Vergleich mit Knochen der selben Fundstelle von Tieren, die eindeutig als Fleisch- oder Pflanzenfresser charakterisiert werden können, lassen sich dann Rückschlüsse auf die Ernährung ziehen.

Schmitz hatte 1997 und 2000 im Neandertal weitere Teile des Skeletts und auch zahlreiche Splitter eines zweiten Neandertalers gefunden. Die Knochenproben vom Neandertaler Nr. 1 und seinen tierischen Zeitgenossen wie Mammut, wollhaariges Nashorn, Hirsch oder Eisfuchs sind inzwischen durch einen Teilchenbeschleuniger in England gelaufen. "Wir warten mit großer Spannung auf die Ergebnisse", betont Schmitz. Er rechnet damit, die Fachwelt im Herbst über die ersten Befunde informieren zu können, rechtzeitig zum Neandertaler-Jahr 2006 anlässlich des 150. Jahrtags der Entdeckung.

Frühere Untersuchungen an anderen "Neandertalern" aus Belgien und Kroatien haben ergeben, dass diese extreme Fleischfresser waren. Zu rund 95 Prozent sollen sie sich von Tieren ernährt und damit einen Speiseplan vergleichbar mit dem von Wölfen gehabt haben. "Das war eine Überraschung", sagt Schmitz. Denn zuvor habe die Expertenwelt geglaubt, dass der Speisezettel breiter angelegt war und zum Beispiel auch Pilze, Beeren und Blätter umfasste.

Bei seinem Neandertaler schließt der Archäologe nicht aus, dass andere Ergebnisse zu Tage kommen. Er nimmt an, dass die Düssel schon in der Eiszeit am Neandertal vorbeifloss. Vielleicht bereicherten also Schnecken, Muscheln und Wasserpflanzen den Speiseplan, spekuliert Schmitz. Auch gehört der Neandertaler mit seinen 42 000 Jahren zu den jüngeren Exemplaren seiner Spezies. Die Ernährungsgewohnheiten könnten sich im Laufe der Zeit geändert haben. Für einen reinen Fleischfresser hätte Schmitz aber volles Verständnis. Denn die Neandertaler waren ständig in Bewegung und brauchten große Energiemengen für die Jagd.

Das Skelett des Neandertalers, das zum Bestand des Rheinischen Landesmuseums Bonn gehört, ist derzeit übrigens erstmals komplett in Süddeutschland zu sehen. Bis 30. Oktober beherbergt das Urgeschichtliche Museum Blaubeuren im Rahmen einer Ausstellung die Knochen.

(afp)
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