Pro und Contra Wenn Hochschulen und Firmen kooperieren

Bonn/Hamburg (RPO). Wenn Wirtschaft und Wissenschaft kooperieren, streiten sich die Experten. Studenten profitieren von den praktischen Erfahrungen und den Kontakten in die Berufswelt, meinen die einen. Die anderen sehen die Freiheit der Lehre in Gefahr.

 Forschung in der Praxis erleben: Wenn Hochschulen sich wie hier in Jena mit Firmen zusammentun, kann das Vorteile für Studenten haben.

Forschung in der Praxis erleben: Wenn Hochschulen sich wie hier in Jena mit Firmen zusammentun, kann das Vorteile für Studenten haben.

Foto: picture-alliance/ tmn

Inzwischen gibt es ganz unterschiedliche Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. "Das geht von einer sehr losen Zusammenarbeit über einen Studiengangsbeirat bis hin zum dualen Studium", zählt Jan Rathjen von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Bonn auf. Der Vorteil: "Die Qualifikation der Studierenden ist stärker am Arbeitsmarkt orientiert." Die Unabhängigkeit müsse aber sichergestellt werden - ein Instrument dafür sei die Akkreditierung.

Das sei nur der Idealfall, meint Svenja Hofert, Karrierecoach und Autorin aus Hamburg. "Die Freiheit der Lehre ist zu bezweifeln. Die Unternehmen wollen für ihr Geld auch etwas zu sagen haben." Zudem beteiligten sich oft sehr große Firmen. "Dabei spielen in der Praxis die kleinen und mittelständischen Unternehmen eine größere Rolle." Sind die Inhalte des Studiums nur auf große Unternehmen zugeschnitten, hilft das Bewerbern beim Berufseinstieg wenig.

"Eine neutrale Ausbildung macht in jedem Fall freier für die spätere Berufswahl", sagt Hofert. Gerade bei festen Kooperationen wie dem dualen Studium könne es nach der Ausbildung schwieriger werden, andere Firmen von sich zu überzeugen. "Da kommt dann mit Sicherheit im Bewerbungsgespräch die Frage, warum man vom Unternehmen nicht direkt übernommen wurde." Schwierig ist das besonders dann, wenn der Student noch nicht genau beurteilen kann, wo es später hingehen soll.

Einer, der sich ausführlich mit dem Thema befasst, ist Frank Ermert. Er arbeitet an der Schnittstelle von Wirtschaft und Wissenschaft. Die Forschungstransferstelle der Universität Siegen soll dafür sorgen, die ungleichen Partner zusammenzuführen. "Die Industrie investiert in die Erledigung einer Fragestellung. Die Hochschule versucht diese zu bearbeiten und eine Lösung zu entwickeln", sagt Ermert. Probleme gebe es bei dieser Zusammenarbeit nur mit Hinblick auf das Patentrecht.

Die Firmen schließen mit den Universitäten für die Projekte einen Vertrag zur Forschung und Entwicklung ab. Die Rechte für die mögliche Erfindung des Studenten werden oft schon durch diesen Vertrag auf das Unternehmen übertragen. "Das Patentrecht für den Studenten wird dadurch oft ausgeschlossen", erklärt Ermert.

Kooperationen bringen Umsatz

Etwa 100 Projekte werden pro Jahr an seiner Uni bearbeitet. Geld spielt dabei eine wichtige Rolle: "Das geht bei 5000 Euro los und kann bei einer Laufzeit von drei Jahren auch bis zu 300.000 Euro einspielen", erzählt Ermert. Für die letztere Summe könnten zwei Mitarbeiter finanziert werden - drei Jahre lang. Die Kooperationen haben auch deshalb in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Sie machen schlicht und einfach Umsatz."

Für die Unternehmen hingegen sind Kooperationen mit Universitäten oft eine gute Möglichkeit, junge Talente früh zu binden. "Wenn Studierende berufsfertig in die Firmen kommen, ist das für die Personaler ein großes Plus", sagt Jan Rathjen. Bei einer praxisnahen Ausbildung sei die Forschung aber weniger gut vertreten.

(mais/tim)
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