Psychostress an der Uni Wenn das Studium zum Horror wird

Frankfurt/Main (RPO). Für viele Studenten ist die Uni der blanke Horror. Abgabefristen und Prüfungen belasten den Akademikernachwuchs so sehr, dass viele kaum einen Ausweg aus dem Stress sehen. Der Bedarf an psychologischer Beratung steigt stetig.

"Die häufigsten Probleme der Studierenden, die in unsere Beratungsstellen kommen, sind Leistungsstörungen, mangelndes Selbstwertgefühl, depressive Verstimmung, Labilität, Prüfungsangst und allgemeine Ängste, außerdem Alkohol- und Cannabissucht", erläutert der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde. In jüngster Zeit sei auch exzessive Computer- und Internetsucht aufgefallen, wodurch das Studium in Gefahr geraten könnten.

Mit solchen Themen ist auch Edith Püschel von der psychologischen Beratungsstelle der Freien Universität Berlin konfrontiert. Allerdings unterscheiden sich die Probleme der Studierenden je nach Jahreszeit voneinander. Gegen Semesterende haben es die Berater vor allem mit Terminstress, Prüfungsangst und Entscheidungsproblemen zu tun. Während des Semesters und vor allem gegen Jahresende - wenn traditionell Bilanz gezogen wird - spielen Probleme rund um die Identitätsfindung, die Beziehung oder die Ablösung vom Elternhaus eine größere Rolle.

Immer mehr Burn-Out-Fälle

Insgesamt bieten derzeit 44 der insgesamt 58 deutschen Studentenwerke eine psychologische Beratung an. Und die Studierenden nahmen das Angebot in den vergangenen Jahren immer öfter in Anspruch. Nach Angaben des DSW waren es im Jahr 2004 mehr als 16.000 Studierende, 2006 schnellte die Zahl auf 22.800.

"Studieren bis zum Umfallen" ist für immer mehr Hochschüler ein Problem, das das Studentenwerk an den seit einiger Zeit steigenden Zahlen von Burn-Out-Fällen festmacht. Depressionen, Angstattacken und Schlafstörungen seien hier die häufigsten Symptome. DSW-Generalsekretär Meyer auf der Heyde sieht den Grund dafür vor allem in der Umstellung der traditionellen Studienverläufe auf Bachelor- und Masterstudiengänge: "Die Studierenden haben Probleme mit den besonderen zeitlichen Anforderungen und den permanenten Leistungskontrollen."

Entlastung und Orientierung

Falsches oder gar kein Zeitmanagement ist häufig die Wurzel allen Übels, wie auch Püschel immer wieder feststellen muss. Ihrer Einschätzung nach haben sich die Probleme in den vergangenen Jahren nicht allzu stark verändert. "Studenten sind psychisch immer hoch belastet und seit jeher besonders anfällig gewesen", betont die Expertin. "Der Druck hat sich in der letzten Zeit aber sicherlich erhöht."

Ziel einer Beratung ist es, den Betroffenen möglichst rasch den Boden unter den Füßen wiederzugeben und ihnen vor allem Entlastung und Orientierung zu bieten. In schwierigeren Fällen, bei denen Studenten ihre eigene Situation gar nicht mehr richtig einschätzen können und es mit einer Beratung nicht mehr getan ist, muss vor allem nach dem richtigen Hilfeangebot gesucht werden. Am Ende kann auch stehen, dem Betroffenen eine Therapie nahezulegen.

Keine Eigenständigkeit

Nach Angaben des DSW suchen zunehmend weniger Langzeitstudenten die Beratungsstellen auf. "Vielmehr sind diejenigen, die Beratung in Anspruch nehmen, sehr zielstrebig um einen Abschluss bemüht", betont Meyer auf der Heyde.

Ein weiteres Problem liegt im finanziellen Bereich: So versuchten viele Studierende zu vermeiden, dass die finanzielle Abhängigkeit von den Eltern zu allzu hohen Schulden führt. "Dadurch entsteht eine stärkere Bindung an das Elternhaus", erklärt er. So würden Ablösungsprozesse erschwert. Die Studierenden stünden dann unter starkem Legitimationsdruck, wenn sie Fehlentscheidungen treffen bei der Studienwahl, wenn sie Fehlschläge verkraften oder aber Umwege im Studium gehen müssen.

(ap)
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