Kolumne Professoren-Leben Weg mit den Büchern?

Gedichte werden heute bereits von Algorithmen geschrieben: Aus Twitter-Nachrichten werden Sonette, in die man sogar Sinn hineinlesen kann. Google-Books erschließt die Inhalte von Millionen von Büchern - kostenlos, per Mausklick. Video-Lectures sind die Lehrbücher der Zukunft. Ausgerechnet ein Bibliotheksdirektor hat angesichts des Siegeszugs digital verfügbarer Wissensbestände das Ende der klassischen Bibliothek verkündet. "Mit der Volksbildung sind die öffentlichen Bibliotheken gekommen, mit dem Internet gehen sie wieder. Ist das ein Problem?", fragte der Direktor der Bibliothek. Wahrscheinlich ist es richtiger vom Funktionswandel statt vom Ende der Bibliotheken auszugehen. Vielleicht sind wir gerade angesichts unüberschaubarer Informationsfluten immer mehr auf verlässliche Lotsen angewiesen, auf digitale Hilfsmittel und Einführungsangebote, die dabei helfen, das Relevante eines Fachgebiets vom Angebot kommerzieller Trittbrettfahrer zu unterscheiden. Und vielleicht brauchen wir gerade in Zeiten allgegenwärtiger Erreichbarkeit das Bibliotheksambiente als einen ein bisschen Ehrfurcht einflößenden Ort disziplinierter geistiger Arbeit. Gleichsam als symbolisches Funkloch.

(RP)
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