Aachen Was tun, wenn man am Studium zweifelt?

Aachen · Wer an einen Studienabbruch denkt, sollte keine vorschnelle Entscheidung treffen. Denn die Ursachen für die Unzufriedenheit können vielfältig sein und sollten mit der Hilfe von Beratungs-Profis analysiert werden.

Fast jeder zweite deutsche Student hat schon einmal über einen Abbruch seines Studiums nachgedacht. Das hat eine Umfrage des Marktforschungsunternehmen Toluna unter 500 Studenten verschiedener Fachrichtungen ergeben. Und auch für Mandana Biegi, Leiterin der Zentralen Studienberatung der RWTH Aachen, gehört das Thema Zweifel am Studium zum Tagesgeschäft. Aber sie betont auch: "Die meisten Studierenden haben Probleme, die behebbar sind." Sie rät bei Zweifeln am Studium, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen und die Uni bloß nicht, ohne Beratung, einfach zu verlassen. "Man muss erst die Ursache für die Unzufriedenheit der Studierenden finden, um dann eine individuelle Lösung zu erarbeiten." Hier weitere Tipps der Expertin:

Ursachen für Unzufriedenheit finden

Meist leiden die Studierenden, die einen Studienabbruch erwägen, an einer diffuse Unzufriedenheit, sagt Mandana Biegi. "Sie kommen mit dem Stoff nicht klar, die Noten sind nicht mehr so gut wie in der Schule, sie verstehen vieles nicht." Da müsse man dann genau hinschauen: Ist das Fach wirklich nicht das richtige? Oder haben die Studenten nur Anpassungsstörungen? "Das Studium ist ein neuer Lebensabschnitt, und die Anpassung daran dauert ein bis zwei Semester", sagt Biegi. "Die Unmengen an Stoff erfordern neue Arten des Lernens, wie sie aus der Schule nicht bekannt sind. Diese Lernstrategien kann man aber an der Hochschule einüben und kommt dann auch besser klar." Ein weiteres großes Problem und häufig Grund für Unzufriedenheit sei Heimweh. Die heute sehr jungen Studenten haben oft noch nicht die Reife, ihr zu Hause zu verlassen. "Auch dabei hilft es nicht, das Fach zu wechseln oder voreilig das Studium abzubrechen."

Wenn es am Fach liegt

Wenn man aber tatsächlich keinen Bezug zu dem gewählten Fach findet, kein Interesse am Thema entwickeln und sich nicht vorstellen kann, sich die kommenden fünf oder sechs Jahre damit zu beschäftigen, dann sollte man das Fach wechseln. "Viele haben die Entscheidung für ein Studienfach vielleicht unter dem Druck der Eltern oder mit dem Blick auf das künftige Einkommen gefällt. Wer die Fachwahl korrigiert, sollte eine interessen- und fähigkeiten-geleitete Entscheidung treffen", so die Expertin. Tatsächlich wird der Fachwechsel häufig praktiziert und funktioniert auch trotz mancher Orts-NCs meist problemlos.

Andere Stadt, andere Hochschule

Korrigieren lässt sich auch die Wahl der Stadt oder des Hochschultyps. "Manchmal fühlt man sich in einer Region nicht wohl, kommt in einer Stadt nicht an. Dann hilft ein Standortwechsel", sagt Mandana Biegi. "Und wem die Universität zu theoretisch ist und wer lieber anwendungsnah lernen möchte, der ist dann vielleicht an einer Fachhochschule besser aufgehoben. Der Fall, dass Studenten in eine betriebliche Ausbildung wechselten, käme an der RWTH eher selten vor.

Schwächen akzeptieren und beheben

Studienzweifel entstehen laut Biegi häufig dadurch, dass die jungen Menschen eine falsche Vorstellung mit an die Uni brächten: "Nur weil ich in Mathematik in der Schule gut war, heißt es nicht, dass ich auch die Hochschulmathematik beherrsche und ohne Probleme durch mein Ingenieur-Studium komme", nennt die Leiterin der Studienberatung ein Beispiel. "Aber: Jeder, der ein Studium aufnimmt, hat erst einmal Defizite. Das geht fast allen so, viele müssen etwas aufholen. Beispielsweise in den Naturwissenschaften - da fangen aufgrund der unterschiedlichen schulischen Vorbildung alle fast bei Null an. Es gibt diverse Vorkurse, Brückenkurse, Workshops zum wissenschaftlichen Arbeiten oder zu Lernstrategien - von Defiziten sollte man sich also nicht in seiner Studienentscheidung irritieren lassen. Die sind nach einigen Wochen oder Monaten schnell behoben."

Hilfe suchen

Wer Zweifel am Studium hegt, kann sich Hilfe bei den Zentralen Studienberatungen jedweder Hochschule suchen - also nicht nur dort, wo man ist, sondern auch dort, wo man vielleicht hin möchte. Dort wird nach den Ursachen geforscht und es werden Lösungen angeboten.

Unzufriedenheit vorbeugen

Damit Unzufriedenheit gar nicht erst aufkommt, sollte man eine fundierte Studienentscheidung treffen. "Dazu gehört die Analyse der eigenen Stärken, Interessen und Fähigkeiten - damit beschäftigen sich Schüler sehr wenig", sagt Biegi. Dann schaut man, welche Studiengänge in Frage kommen - und damit sollte man es nicht gut sein lassen: "Wichtig ist der Praxischeck vor Ort: Also, eine Hochschule besuchen, sich in Vorlesungen setzen, mit Studenten sprechen. Denn die Studienberatungen haben beobachtet: Wer sich intensiv vorbereitet, der hegt nur sehr selten Studienzweifel."

(RP)
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