Pulverfass Persischer Golf Uni-Besuch im Krisengebiet

Kish Island (RP). Edda Pulst, Professorin der Fachhochschule Gelsenkirchen, ist in den Persischen Golf gereist. Sie wollte herauszufinden, ob es Sinn macht, mit der Zweigstelle der Teheran University auf Kish Island zu kooperieren.

Die Teheran University auf Kish Island
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Die Teheran University auf Kish Island

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"Perle des Persischen Golfs" nennen die Iraner die Koralleninsel im Süden der Islamischen Republik. Der makellose Sandstrand im Osten des Eilandes, die weiße Gischt, das türkisfarbene, am Horizont dunkelblaue Meer, über das sich ein wolkenloser Himmel wölbt, haben tatsächlich etwas Paradiesisches. Keine sechzehn Kilometer weiter das "greek ship".

Vor der imposanten rostigen Kulisse des in den 60er Jahren auf einem Korallenriff gestrandeten griechischen Dampfers lassen sich Touristen fotografieren und bestaunen die aufspritzende Brandung. Kish Island ist eine Urlauberinsel. Vornehmlich mit dem Flugzeug kommen die Iraner, um für ein paar Tage auszuspannen, und vor allem, um billig einzukaufen, denn Kish wirbt als Freihandelszone.

Nichts in dieser Kunstwelt weist darauf hin, dass wir uns hier in einer der sensibelsten Regionen der Erde befinden. Aber gegenüber auf der Arabischen Halbinsel, von Kuweit über die Vereinigten Arabischen Emirate bis nach Oman, reihen sich die US-Militärbasen. Im Golf kreuzen amerikanische Flugzeugträger. An der anderen Golfküste lauern misstrauisch die Perser.

Unweit der Touristeninsel zwängen sich die Öltanker durch die strategisch wichtige Meeresenge von Hormuz. Die Schiffe transportieren 40 Prozent des Rohstoffes, auf den die Welt nicht verzichten kann. Die Mullahs in Iran könnten diesen Ölhahn zudrehen. Die Golfregion ist ein einziges Pulverfass.

Weitere Hochschule

Genau dort wollen die Teheraner Ayatollas eine weitere Hochschule etablieren. Zwei gibt es schon: An der Kish Uni unterrichten Professoren aus Teheran, Indien, Malaysia und Australien 400 ausschließlich iranische Studenten. Die Sharif University bildet Ingenieure aus. Ihr leitender Professor Rohani gibt unumwunden zu: "Das Konzept, internationale Studenten anzulocken, ist gescheitert. Wir sind froh, wenn wir gelegentlich ausländische Dozenten verpflichten können."

Gefragt, ob das allein an den rund 8000 Euro Studiengebühren pro Jahr liege, antwortet Rohani: " Die Idee eines Studiums für Reiche auf einer Ferien- und Einkaufsinsel, war vielleicht doch nicht so gut." Außerdem gehe es nicht weiter mit dem gigantischen Projekt, das die Inselattraktion für Studenten und Investoren auch aus Deutschland hätte werden sollen. Von "Flower of the East", so heißt das kühne Konglomerat aus Sport-und Freizeitanlagen, Gewerbegebiet, Ferienhäusern und Hotels, existieren nur Blaupausen, Modelle und eine Computeranimation.

So bleibt den Studenten als Freizeitbeschäftigung fast nur Radfahren, das hier auch für Frauen erlaubt ist. "Aber nur am ,Ladies Exklusive Beach' oder in unseren schicken Unterkünften dürfen wir Tschador und Kopftuch ablegen", sagt eine Studentin, die das Inselleben langweilig findet. Ähnlich geht es vielen, scherzhaft als "Flugprofessoren" bezeichneten Dozenten, die wann immer möglich die Ferieninsel fluchtartig verlassen, erzählen Studierende.

"KishFreeZone-Organization"

Die "KishFreeZone-Organization" zeigt uns das acht mal sechzehn Kilometer große Eiland. Ein paar Ruinen und die Reste eines unterirdischen Bewässerungssystems zeugen von früher Besiedelung, hypermodern und zweckmäßig präsentiert sich die neuere Architektur. Es gibt vorzügliche mehrspurige Prachtstraßen mit Fahrradwegen, Palmenalleen und phantasievoll geschmückten Kreisverkehren, eine Meerwasser-Entsalzungsanlage und mit Gas angetriebene Generatoren.

Es wächst nichts außer ein paar grünen Büschen auf dem Atoll. Flugzeuge und Schiffe versorgen die Shoppingtempel und die Zwanzigtausend, die hier leben. Von der geplanten Zweigstelle der Teheran University gebe es derzeit nur ein "empty building", erklärt der freundliche Mister Omrani. Leer und halb verfallen sind auch die Gebäude, die der letzte Schah von Persien hat bauen lassen. Über seine Villa und die "Games World" nach dem Vorbild von Monte Carlo wächst langsam Gras.

Die islamische Revolution von 1979 hat den monarchischen Inselfreuden der Pahlewis und ihrer Günstlinge ein jähes Ende bereitet. Die Nachfolger des Schahs von Persien, die Mullahs, tun sich offensichtlich schwer damit, auf Kish Island ein florierendes Wirtschaftsparadies zu schaffen, ein Nährboden sozusagen für zahlreiche Investoren und praxisorientierte Hochschulen.

Ruhe und Frieden

Vielleicht ist das Pulverfass Persischer Golf, derzeit zumindest, nicht der richtige Platz dafür. So verlockend Lehren und Lernen unter Palmen aussehen mag, erst muss Ruhe und Frieden einkehren in die Krisenregion, dann vielleicht kann Kish Island eines Tages zum internationalen Hochschulstandort avancieren.

Unser Autoren-Duo besteht aus der Professorin für Wirtschaftsinformatik an der FH Gelsenkirchen, Edda Pulst, und Teja Finkbeiner, der ihre Arbeit als freier Journalist begleitet.

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