Düsseldorf Jurist werden ohne Staatsexamen

Düsseldorf · Einige Hochschulen bieten inzwischen ein Jura-Studium auf Bachelor und Master an.

Anwalt, Richter oder Staatsanwalt kann er schon einmal nicht werden. Das stört Norman Ferchow aber kaum. Der 25-Jährige studiert Wirtschaftsrecht auf Bachelor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Seine beruflichen Chancen nach dem Studium schätzt er positiv ein. "Als Unternehmensjurist möchte ich arbeiten, in einer Personal- oder Rechtsabteilung eines Konzerns", sagt er. Sein Gehalt wird sich von dem der Volljuristen nur marginal unterscheiden - die Aussichten in der Wirtschaft sind gut.

Steuerrecht, Europäisches Recht oder German and Polish Law - "die Bezeichnungen der Studiengänge sind vielfältig", sagt Stefanie Busch von der Hochschulrektorenkonferenz. Sie alle schließen in der Regel nach sechs oder sieben Semestern mit einem Bachelor of Laws ab. Im Anschluss können Studenten ihr Wissen mit einem Master vertiefen.

Ferchow muss am Ende des Studiums eine Bachelorarbeit schreiben. "Sie hat in der Regel einen Umfang einer größeren Hausarbeit, mehr nicht", erklärt Manuela Binder. Sie ist Studienfachberaterin an der Technischen Universität Dresden für den Studiengang "Law in Context - Recht mit seinen internationalen Bezügen zu Technik, Politik und Wirtschaft". Der Titel lässt schon vermuten: Das Jura-Studium ohne Staatsexamen ist interdisziplinär angelegt.

Studenten können sich spezialisieren. Norman Ferchow bekam im Studium bereits einen Einblick in Controlling und Rechnungswesen. Manche Studiengänge haben auch "Leadership" oder "Motivation" im Lehrplan. Auch in den rechtlichen Fächern unterscheidet sich das Studium der Unternehmensjuristen von dem der Volljuristen: Das Zivil- und Handelsrecht bildet einen größeren Schwerpunkt als das öffentliche und das Strafrecht, das manchmal gar nicht im Lehrplan steht.

Juristen ohne Staatsexamen können in Unternehmen, Versicherungen, internationalen Organisationen, Verbänden oder in Wirtschaftsberatungsunternehmen arbeiten. "Sie bringen bereits aus dem Studium Kreativität, Teamfähigkeit und Verhandlungsgeschick mit", sagt Paul Ebsen von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit.

Das liegt auch an der praxisnahen Gestaltung des Lehrplans. Fachhochschulen sehen oft ein verpflichtendes Praxissemester vor. Ferchow geht kommendes Semester zur Deutschen Bahn in die Personal- und später in die Rechtsabteilung. "Das ist eine gute Möglichkeit, um sich zu orientieren", sagt Binder.

Paul Ebsen beobachtet einen erhöhten Bedarf an Experten im Europa- und Informationsrecht: "Durch die Globalisierung und die Digitalisierung tun sich neue Rechtsfelder auf." Auf diesen Trend könnten Juristen ohne Staatsexamen aufspringen. Eine Alternative sind zum Beispiel Wohnungsbaugesellschaften. Dort geht es um Immobilienwirtschaft, um Ankauf, Verkauf und Bestandspflege.

Das Problem ist, dass Juristen mit Bachelor- oder Masterabschluss meist früher fertig sind als Volljuristen. Viele Arbeitgeber scheuen sich noch, Absolventen unter 25 Jahren einzustellen. Ebsen empfiehlt in solchen Fällen für den Berufseinstieg den Weg ins Ausland. "Andere Länder schauen weniger auf das Alter", sagt er.

(DPA-TMN)
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