Studenten-Leben Jedem Studenten einen Spind

Es sind die kleinen Details, die die hierarchischen Strukturen unter den Studenten einer Fakultät sichtbar werden lassen. Bei uns sind es die Schließfächer. Besser gesagt: der Standort des eigenen Schließfachs.

Ganz schlecht ist natürlich, wenn man gar keines hat. Diese kleinen Verstaugelegenheiten gibt es in den Fluren vom ersten bis hoch in den vierten Stock. Im vierten Stock sind sie klein und bunt und vor allem nur unter erheblichem Körpereinsatz zu erreichen. Mit sinkender Etagenzahl werden sie immer größer bis hin zu den fast schrankförmigen Schließfächern im ersten Stock, lackiert in einem eleganten Grau.

Wer welches Fach bekommt, lost bei Semesteranfang angeblich ein Zufallsgenerator aus. Auffällig ist nur, dass es immer die Examenskandidaten sind, die die Schränke ganz unten für sich beanspruchen dürfen. Und die, die etwas zu sagen haben, also Vertreter sämtlicher Hochschulgruppen und ähnlich Engagierte. Den Ältesten gönnen wir das, schließlich haben sie ihr letztes bisschen Freizeit mit Beginn der Examensvorbereitung abgegeben. Da will keiner von uns tauschen.

Ein Dorn im Auge sind nur die Studenten unseres Semesters, die nun zu jeder Mittagspause beiläufig-spöttisch betonen: "Ich warte hier auf dich, du musst ja noch ganz hoch". Ganz zu schweigen von dem beneidenswerten Komfort, den sie genießen. All das freut am meisten den Schlosser gegenüber. Denn statt in einer der oberen Bibliotheksetagen zu sitzen, decken sich einige jetzt, wo manche Examenskandidaten bald gehen, bei ihm mit einem zusätzlichen Schloss ein. Dann lernen sie abwartend auf dem Boden im ersten Stock.

Übrigens macht sich mein rotes Schloss wirklich gut auf grauem Hintergrund.

(RP)
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