Studentenleben Fragezeichen als Lösung

Man hatte mich gewarnt: Multiple Choice, das sei die schwerste Prüfungsart. Grund war eine anstehende Klausur in eben dieser Form an meiner Austausch-Uni in Frankreich. Und ich gebe zu: Ich habe das nicht geglaubt und den wohlgemeinten Rat ignoriert.

In meiner Fachrichtung in Deutschland neigt der Student dazu, eine gewisse Arroganz allen gegenüber zu entwickeln, die am Ende des Semesters in ihren Klausuren keine Fälle lösen müssen. Wie schwierig kann es schließlich sein, ein paar Kreuzchen auf ein Blatt Papier zu malen? Sehr schwer, das weiß ich jetzt auch.

50 Fragen, drei Antwortmöglichkeiten jeweils, ein Blatt voller Kästchen also und ich habe keine Ahnung. Das Problem: Mit Ausschlussverfahren kommt man hier nicht weit, es können auch alle Antworten richtig sein - oder keine. Wirklich fies. Der schielende Blick zum Nachbarn hilft nicht, der eine hat aufgegeben und schläft, der andere verrenkt sich so, dass ich nichts erkennen kann. Also konzentriere ich mich wieder auf mein eigenes Blatt. Und plötzlich kommt mir eine Idee. Von den paar Kreuzchen, die ich sicher setzen konnte, kann ich auf ein Muster schließen. Die Antwortbuchstaben A, B und C wechseln sich eindeutig in einem bestimmten Rhythmus ab, ebenso die Anzahl der zutreffenden Antworten für jede Frage.

Ich lächle, hab ich den französischen Prüfer damit doch wieder überlistet. Ich ziehe das Schema konsequent durch und tatsächlich: Es ergibt ein stimmiges Bild. Auf dem Blatt voller Kästchen sehe ich jetzt ein großes schwarzes Fragezeichen.

(RP)
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