Studentenleben Ersti-Welt-Probleme

Die Neuen sind da. In Grüppchen folgen sie Menschen mit bunten T-Shirts, und sie lassen sich von dem üblichen Münsteraner Fahrrad-Schwarm vom Radweg klingeln, während sie ihre Handynummern austauschen. Das stellt einige bereits vor die ersten ernsten Herausforderungen ihrer Studienzeit: "Ich hab' jetzt hier Nummern von Paul 1, Paul 2 und so, bis Paul 5 geht das. Ich glaub', ich hab' irgendwas falsch gemacht." Das harte Studentenleben wirft seine Schatten voraus.

Man darf sich fragen, was aus Paul 1 bis 5 in den kommenden Jahren werden wird. Bekannte, Freunde, Unbekannte? Auch aus meiner Orientierungswoche habe ich noch zahlreiche Handynummern gespeichert. Aus einigen von ihnen entstand während der O-Woche eine Whatsapp-Gruppe. Wir waren sechs Kommilitoninnen, die das erste Semester zusammen durchstanden. Vier studieren bis heute das, was wir zusammen begonnen haben. Eine Freundin wechselte den Studiengang nach dem ersten Semester. Die sechste im Bunde fällt seit langem durch ihre Inaktivität auf. Wir nennen sie seit anderthalb Jahren liebevoll "das Mysterium". Denn zu Beginn des zweiten Semesters kam sie nur sporadisch zur Uni. Später erschien sie dann gar nicht mehr. Anrufe und Nachrichten gingen ins Leere. Trotzdem war sie in gewisser Hinsicht noch ein Teil von uns, denn unsere Gruppennachrichten empfing sie nach wie vor. Hin und wieder las sie diese sogar - was uns jedes Mal Anlass dazu gab, wild über ihren Verbleib zu spekulieren. So auch vor wenigen Tagen. Während wir beim gemeinsamen Abendessen diskutierten, auf welchem Kontinent sie sich wohl gerade befinden würde, schien sie zu unserem zweijährigen O-Wochen-Jubiläum einen Schlussstrich ziehen zu wollen. Denn nur wenige Stunden später konnten wir lesen: Das Mysterium hat diese Gruppe verlassen.

(RP)
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