Die Haus-Gestalter

Moritz Richter nimmt noch einmal Maß, feilt ganz vorsichtig die Kante des schmalen Bretts nach und legt es erneut an die Skizze an. Passt. Perfekt. "Es kommt auf die Präzision an. In allen Bereichen", sagt er. Der 21-jährige Düsseldorfer studiert im vierten Semester Architektur an der Fachhochschule Mainz. Er möchte Architekt werden, wie einst sein Großvater.

"Ich war immer schon davon fasziniert, kreativ zu arbeiten, ein Gebäude zu entwerfen oder umzugestalten, um am Ende schließlich ein Ergebnis zu sehen", erzählt er. Nach einem Schülerpraktikum in einem kleinen Architekturbüro war er von seinem Berufswunsch nicht mehr abzubringen. Bis spät in die Nacht skizziert er nun manchmal noch und probiert immer wieder, bis das Modell sitzt.

In Deutschland drängen zurzeit deutlich mehr Architekten auf den Markt, als ihn altersbedingt verlassen. Trotzdem hat Richter keine Angst vor dem Arbeitsmarkt. "Wenn man wirklich an etwas glaubt und die fachlichen Voraussetzungen beherrscht, kann man es schaffen", sagt er. Dabei sei auch Flexibilität wichtig. "Damit meine ich nicht nur die Zeit, die ein Projekt benötigen kann, sondern auch die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten", sagt er.

Die Vielseitigkeit des Architekten-Berufsfeldes ist enorm und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Längst baut der Architekt nicht mehr nur Häuser im klassischen Sinne. "Berufsaufgabe der Architekten aller Fachrichtungen, das heißt der Hochbauarchitekten, der Innenarchitekten, der Garten- und Landschaftsarchitekten und der Stadtplaner ist es, den Lebensraum maßgeblich mitzuplanen und mitzugestalten", erklärt Sigurd Trommer, Präsident der Bundesarchitektenkammer (BAK). Es gehe um die Verantwortung des Architekten in der Gesellschaft: Welche Antworten finden wir auf die Herausforderungen unserer Zeit, wie Klimaveränderung, Energie, demografischer Wandel, Mobilität und Heimat? Wie werden wir Wohnungen, Arbeitsplätze, Städte und Landschaften gestalten?

In diesem Zusammenhang haben sich auch neue Tätigkeitsfelder entwickelt, so etwa der Energieberater. "Viele Architekten haben sich inzwischen in einem Lehrgang bei ihrer Architektenkammer zum Energieberater fortgebildet und können umfassende Dienstleistungen rund um das Thema Bauen und Energie anbieten", sagt Trommer. Der Energieberater berät seinen Bauherren, mit welchen Maßnahmen das Gebäude energetisch in einen zeitgemäßen, wirtschaftlichen Zustand versetzt werden kann.

Verstärkten Bedarf sieht Trommer in den kommenden Jahren besonders in den Bereichen barrierefreies und klimagerechtes Bauen, Anpassung des Wohnungsbestandes infolge demografischer Entwicklung sowie in der Spezialisierung auf bestimmte Krankenhäuser als auch im Einzelhandel. Angesichts der Arbeitsmarktlage rät er jungen Absolventen, nach Spezialisierungsmöglichkeiten zu suchen, um Nischen besetzen zu können.

Eva Schons hat ihren Platz bereits gefunden. Die Düsseldorfer Architektin hat sich in ihrer Abschlussarbeit mit dem Thema "Japanische Badekultur" befasst. "Ich wollte etwas Spezielles machen, mich auf etwas konzentrieren", erklärt sie. Ihr Diplom bot ihr die Steilvorlage für den beruflichen Erfolg. Ob Luxusbäder für Hotels, Badelandschaften oder öffentliche Bädergesellschaften – nachdem der erste große Bauträger an sie herangetreten war, habe sich das Thema immer mehr erweitert.

"Ich wollte auch immer selbstständig arbeiten", berichtet sie. Ein Schritt, den sie nicht bereut hat: "Architektur ist eine Leidenschaft, die ein hohes Maß an Durchhaltevermögen, Eigeninitiative und bisweilen auch Frustrationstoleranz mit sich bringt", sagt Schons. Zugleich sei die Kooperation mit Kollegen anderer Büros wichtig. "Nur so kann man seinen eigenen Horizont ständig erweitern", so Schons. Außerdem sei die Architektur auch ein Teamplay. "Da hat Konkurrenz nichts zu suchen. Vielmehr gilt es mannschaftsdienlich zu spielen", sagt Schons.

(RP)
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