Düsseldorf Der Uni-Campus als politische Bühne

Düsseldorf · Junge AfD-Gruppen entstehen an deutschen Universitäten. An der Heine-Uni will die "Campus Alternative" ins Studierendenparlament.

Vor drei Jahren zog David Eckert für das Sozialwissenschafts- und Politikstudium von Thüringen nach Düsseldorf. Dass er sich hochschulpolitisch engagieren wollte, stand für ihn fest. Eine passende Hochschulgruppe habe er an der Heinrich-Heine-Universität damals aber nicht gefunden. "Es gab keine, die sich gesellschaftlich relevanter Themen annahm und die damit über den Tellerrand des Uni-Campus hinausschaute", sagt der 24-Jährige. Im April 2013 trat er dann in die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) ein - das Parteiprogramm habe ihn überzeugt. Und dann gründete Eckert eine AfD-Hochschulgruppe an der Düsseldorfer Universität. Zwei Jahre ist das nun her. Mittlerweile hat die Gruppe nach eigenen Angaben etwas mehr als ein Dutzend Mitglieder.

Der Trend, dass immer mehr junge AfD-Gruppen an deutschen Hochschulen entstehen, zeigt sich deutschlandweit. Sie streben in die Studierendenparlamente, wie kürzlich in Kassel geschehen. Das ist bemerkenswert für diejenigen, die die Wählerschicht der AfD in der Arbeiterschaft, nicht bei den Akademikern sieht. Für den Politikwissenschaftler Thomas Poguntke kommt der Trend aber nicht überraschend. "Wenn eine Partei über einen längeren Zeitraum erfolgreich ist, versucht sie auch an den Unis Fuß zu fassen", sagt Poguntke, Vizedirektor des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung und Dozent an der Düsseldorfer Universität. Anzeichen für nennenswerte Erfolge sehe er nicht. Das wollen die AfD-Hochschulgruppen langfristig ändern.

Ein bundesweiter Dachverband mit dem Namen "Campus Alternative" soll laut David Eckert entstehen. Angedacht ist er als eine Art Netzwerk AfD-naher Hochschulgruppen. "Wir stehen im gegenseitigen Austausch", sagt Eckert. "Wir sind AfD-nah. Aber die ,Campus Alternative' soll autonom agieren." München, Magdeburg, Göttingen und Düsseldorf sind die Vorreiter. Die "Campus Alternative München" an der Ludwig-Maximilians-Universität beispielsweise besteht bereits seit Februar. Sie setzt sich nach Angaben der Hochschule für "freiheitliche und patriotische Werte" ein.

Und mit dem AfD-Ableger "Junge Alternative" ist es im Juli erstmals einer rechtspopulistischen Gruppe gelungen, einen Sitz im Kasseler Studierendenparlament zu erlangen. Dieses Ziel hatte sich die "Campus Alternative Düsseldorf" an der Heinrich-Heine-Universität ebenfalls gesetzt. "Wir wollen konservativ denkenden Kommilitonen ein politisches Zuhause geben", sagt David Eckert. Die Forderungen der Gruppe beziehen sich nicht nur auf die Hochschulpolitik. Sie seien gegen das "Gender-Mainstreaming", also gegen die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter - und scheinen sich außerdem auf die Türkei als Feindbild verständigt zu haben. Mit der Aktion "Bildungsbombe" etwa erregte die junge AfD-Gruppe Mitte Mai Aufsehen, als sie die Heine-Statue auf dem Uni-Campus mit einer Burka verhüllte. Ein Zeichen habe man setzen wollen. Das Rektorat nannte das eine "Instrumentalisierung" der Hochschule.

Via Facebook solidarisieren sich Eckert und die anderen Mitglieder mit Aussagen von AfD-Politikern. Vor wenigen Tagen formulierte Marcus Pretzell, Sprecher der AfD NRW, acht Forderungen, unter anderem "Ein Verbot der ,Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V.'", "Eine Überwachung von Moscheen durch den deutschen Verfassungsschutz" oder "Die Kündigung des Sozialabkommens mit der Türkei". Am vergangenen Wochenende versammelte sich eine Handvoll Mitglieder der "Campus Alternative Düsseldorf" und der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" in Essen, um gegen die türkische Politik zu demonstrieren. Deutschen Anhängern des türkischen Präsidenten Erdogan legten sie "die Rückkehr in ihr Heimatland" nahe.

Zum Einzug in das Düsseldorfer "Stupa" kam es bisher nicht - die Wahl vor anderthalb Monaten musste wegen grober Formfehler abgebrochen werden. Wahlurnen waren zeitweise unbeobachtet geblieben und Kandidaten fehlten auf Wahlzetteln. Einen Nachholtermin gibt es derzeit noch nicht.

"Ich kann mir vorstellen, dass sie bald einen Sitz holen", sagt Katharina Sternke (28), Präsidentin des Studierendenparlaments der Heine-Universität. Im Wahlprogramm dieser alternativen Gruppe finde Sternke zwar keine ernstzunehmenden Vorschläge und reichlich Populismus, eine gewisse Akzeptanz sei allerdings auf dem Campus spürbar. "Aber je mehr Studierende wählen gehen, desto schwieriger dürfte es für die ,Campus Alternative' werden."

Ein Grundsatz, der auf bundespolitischer Ebene wie auch auf dem politischen Mikrokosmos Universitäts-Campus gilt. Das größte Problem dabei: Im vergangenen Jahr beteiligten sich nur 6,7 Prozent der mehr als 30.000 HHU-Studierenden an der Wahl. "Viele wissen nicht, warum die Wahl wichtig ist", sagt Sternke. Radikalen Gruppen spielt eine niedrige Wahlbeteiligung stets in die Karten. Auch der "Campus Alternative" könnte die Verdrossenheit der Kommilitonen einen Sitz im Parlament verhelfen - nicht nur an der HHU Düsseldorf, sondern bundesweit.

(ball)
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