Skurriles Lexikon Der "Campus-Knigge"

Düsseldorf (RP). Die Uni ist Mensa, Bibliothek, Hausarbeit. Aber die Uni ist auch Evaluierung, Einzelschreibtischforschung und Zweitgutachten. Vor allem aber unterliegt die Uni einem bestimmten Habitus, denn der Campus ist ein kleines Biotop, mit eigenen Regeln, Ritualen und einer eigenen Sprache.

Wer sich spätestens jetzt fragt, was das bedeutet und wo das vermeintlich ungezwungene Leben auf dem Campus bleibt, findet auch darauf eine Antwort in "Der Campus-Knigge. Von Abschreiben bis Zweitgutachten", ein neues Lexikon, das durch die skurrile Welt der Gelehrsamkeit führt.

An der Universität ticken die Uhren anders. Man merkt es schon an den eigenwilligen Zeitangaben wie "cum tempore" oder "sine tempore". Da gibt es besondere Anredeformen, einen geheimen Dresscode und ehrwürdige Rituale wie Antritts- und Abschiedsvorlesungen, Knödeldiagramme und Globalesisch. Das ist die "von den Deutschen geliebte und dem ungeliebten Deutsch vorgezogene Sprache der Wissenschaft".

"Wir wollen ein Panorama für die Wissenschaft typischer Verhaltensweisen zeigen", sagt Milos Vec. Er ist einer der neun Herausgeber, deren Ziel es ist, Antworten auf viele Fragen zu geben, die sich nicht nur Erstsemestern, sondern auch den Wissenschaftlern an der Institution Uni stellen.

"Wir möchten die typischen Erscheinungsformen universitären Lebens zeigen", erklärt Vec. "Es gibt viele Normen und Verhaltenserwartungen an Studenten und Wissenschaftler, die am Anfang kaum einer kennt." Mit diesem Buch wollen die Herausgeber Licht ins Dickicht der ungeschriebenen Regeln bringen. Vec selbst hat zu seiner Studienzeit etwas gefehlt, was ihm die akademische Welt erklärt. "Wissenschaft ist am Anfang ein großes Rätsel, das Verhalten in Seminaren war mir zunächst völlig unklar."

Herausgekommen ist ein Nachschlagewerk mit ernsten, normativen aber auch satirisch und sarkastischen Texten verschiedener Autoren, die über die Tücken universitären Alltags aufklären. So fragt sich ein Autor beim Stichwort Mensa: "Darf man Studenten, nur weil sie arbeitsscheues Gesindel sind, ohne ihr dürftiges Wissen als Abfallverwerter für die fleischverarbeitende Industrie einsetzen? Wir meinen nicht! Schließlich werden diese Leute später noch als Taxifahrer gebraucht."

Ist diese Erkenntnis überwunden, warten auf den aufstrebenden Forscher weitere Widrigkeiten wie etwa Forschungsanträge, Evaluierung und das Privatissimum.

Keine trockene Lektüre

Keineswegs muss sich der Leser durch ein trockenes Lexikon quälen, sollte das Buch aber auch nicht als praktische Handlungsanweisung verstehen. Vielmehr vermittelt der Campus-Knigge ein Bild über den Zustand an deutschen Universitäten. Mit viel Witz und Schärfe - ganz in der Tradition des Freiherrn von Knigge.

Und erklärt gleich zu Anfang die Motivation des Wissenschaftlers für seinen Beruf. "Ausschlafen ist das Beste am Forscherdasein. Man bleibt Student, sein Leben lang."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort