Musizieren in Uniform Dienen am Instrument

Düsseldorf · Uniform statt Frack: Die jungen Instrumentalisten beim Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr lernen in Hilden und Düsseldorf.

 Klarinettistin Annika Linse und Schlagzeuger Julian Jaspers vom Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr.

Klarinettistin Annika Linse und Schlagzeuger Julian Jaspers vom Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr.

Foto: Anne Orthen (ort)

Im Dienstanzug mit hellblauem Hemd und Schulterklappen sitzen Musikstudenten bei der Probe in der Waldkaserne der Bundeswehr am Standort Hilden. Frische Waldluft weht bei unserem Besuch über das weitläufige Gelände mit alten und neueren Backsteingebäuden. Im blitzblanken Neubau ist das Ausbildungsmusikkorps der Bundeswehr untergebracht. Dort gibt es neben Kammermusiksaal und großen Proberäumen auch etliche Übezimmer für die Musikstudenten. Seit einem halben Jahrhundert besteht eine Kooperation mit der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf. Wer heute irgendwo bei der Bundeswehr Musik macht, hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Düsseldorf studiert und währenddessen in Hilden geübt und gewohnt.

Die enge Kooperation zwischen Musikhochschule und Ausbildungsmusikkorps wird in vielen Bereichen sichtbar: So ist Oberstleutnant Michael Euler als Dozent für Dirigieren und als Leiter des symphonischen Blasorchesters der Musikhochschule Düsseldorf seit zehn Jahren tätig. Oberstleutnant Manfred Heidler verstärkt als Lehrbeauftragter das Musikwissenschaftliche Institut der Hochschule und hat in seinen Vorlesungen unter anderem den Schwerpunkt „Geschichte der geblasenen Musik“.

„Wir sind Feldwebel“, benennt Musikstudentin und Klarinettistin Annika Linse (5. Semester) den militärischen Rang der meisten Mitglieder des Musikkorps. Unter der Leitung von Oberstleutnant Euler hatte die Klarinettistin gerade noch die Ouvertüren zu Verdis „Macht des Schicksals“, Rossinis „Diebischer Elster“ sowie „Summertime“ von Gershwin mitgeprobt – in einer Fassung für Blasorchester mit reichlich Schlagzeug. Der einfache Winkel auf der Schulterklappe kennzeichnet den Feldwebel-Rang. Auch Schlagzeug-Student Julian Jaspers (3. Semester) gehört dazu. Das Schlagzeugspiel erlernte er bei einem fast 90-jährigen Jazz-Veteranen, der schon in den USA mit Frank Sinatra auftrat, erzählt der Student begeistert.

Nun befinden sich die Studenten des Ausbildungsmusikkorps in einer Sonderstellung. Zur Musikhochschule gehen die vereidigten Soldatinnen und Soldaten zwar in Zivilkleidung, um am Hauptfachunterricht und Theorie-Kursen teilzunehmen. Doch in der Kaserne gibt es strenge Kleiderordnungen – vom blaugrauen Dienstanzug über den grünen Feldanzug bis zur Flecktarn-Uniform. Diese Musikstudenten haben auch eine dreimonatige Bundeswehr-Grundausbildung hinter sich, nehmen gelegentlich an Schießübungen teil und sind im Ernstfall als Sanitäter im Einsatz. Gleichwohl: Die insgesamt rund 700 Mitglieder in den 15 Musikkorps der Bundeswehr mit Formationen in Berlin, Garmisch, Siegburg, Koblenz oder am Marinestützpunkt in Kiel sind im Hauptberuf Musiker und dienen vorrangig am Instrument. Das Studium bei der Bundeswehr führe auch zu einem festen Beruf, sagt Annika Linse, was für sie ein Argument bei der Entscheidung für das Ausbildungsmusikkorps gewesen sei.

Wissen, wie man schießt, müssen die Musiker dennoch: „Ich hatte am Anfang sehr viel Respekt vor der Waffe“, sagt Annika Linse. Und ihr Kommilitone Julian gesteht: „Der Respekt bleibt auch.“ Wenn er eine Waffe in die Hand nehme, sei immer noch ein bisschen Unsicherheit dabei. Nun ist aber auch das Musikleben bei der Bundeswehr nicht gerade etwas für Leichtmatrosen, denn alleine die große stilistische Spannweite stellt die Bläser und Schlagzeuger vor Herausforderungen, die Talent, Fleiß und Disziplin erfordern.

„In einem zivilen Orchester muss ein Trompeter oder Posaunist nicht in einer Bigband mitspielen können“, sagt Euler. Zum Militärmusikdienst der Bundeswehr gehöre es genauso am Volkstrauertag das „Lied vom guten Kameraden“ zu spielen als auch in der armeeeigenen Bigband mitzuwirken. Das Musikkorps spiele auch an der Front, etwa in Afghanistan. Er selber habe einst beim Kosovo-Einsatz für Soldaten mitgespielt, sagt Euler. Die musikalische Betreuung werde von den Truppen sehr gut angenommen. Doch gebe es auch traurige Musizier-Anlässe – etwa nach dem Tod eines Kameraden.

Neben dem klassischen Musikstudium an der Musikhochschule Düsseldorf erhalten die angehenden Berufsmusiker in Uniform viele weitere Unterrichte sowie Seminare und Workshops in Hilden, die sie auf die von ihnen geforderte musikalische Bandbreite (Moderne Unterhaltungsmusik, klassische Kammermusik, moderne Musik) vorbereiten soll.

Die heitere Seite der Bundeswehr-Musik ist regelmäßig bei den Matineen zum ersten Advent zu erleben. Bislang trat das Ausbildungsmusikkorps im Radschlägersaal der Rheinterrasse Düsseldorf auf, eine Spielstätte, die nicht mehr zur Verfügung steht. Ein neuer Saal wird noch gesucht. Doch gibt es in der Waldkaserne in Hilden regelmäßig Kammerkonzerte, die sogar Ungediente besuchen dürfen.

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