Rom Benedikt XVI. vor schwieriger Reise

Rom · Papst Benedikt XVI. besucht vom 22. bis 25. September erstmals offiziell Deutschland. Es ist seine dritte Deutschland-Reise als Papst – und zugleich eine bedeutsame: Sie soll die Ökumene beflügeln und zugleich ein Aufbruchssignal für die katholische Kirche hierzulande sein.

Die Besucherin gab sich alle Mühe, ihren Gastgeber zu überzeugen. "Berlin ist keine gottlose Stadt, Heiliger Vater! Es ist vielmehr eine Stadt, in der viele Menschen nach Gott suchen", beschwor Bundesforschungsministerin Annette Schavan jüngst Papst Benedikt XVI. bei einer Privataudienz.

Benedikt, so wird berichtet, habe genickt. Er hat durchwachsene Erinnerungen an die deutsche Hauptstadt. Als er im Gefolge seines Vorgängers Johannes Paul II. 1996 Berlin besuchte, tanzten halbnackte Demonstranten um den Papst-Konvoi herum, die mehr Rechte für Homosexuelle forderten.

Dass Berlin-Werberin Schavan zehn private Minuten mit Benedikt XVI. gewährt wurden, war in doppelter Hinsicht bemerkenswert. Zum einen gehört die CDU-Politikerin zu den notorischen Papst-Kritikern. Erst im Februar unterzeichnete sie gemeinsam mit Bundestagspräsident Norbert Lammert und anderen katholischen Unionspolitikern ein Papier gegen den Priestermangel, das unter anderem die Aufhebung des Zölibats verlangte. Eine offizielle Reaktion des Vatikan blieb aus, bei Schavans Privataudienz kam das Thema nicht zur Sprache.

Dass Benedikt die stellvertretende CDU-Vorsitzende im dritten Stock des Apostolischen Palastes empfing, zeigt außerdem, wie sehr der bevorstehende Deutschlandbesuch des Papstes vom 22. bis 25. September die deutsche Kirche, aber auch den Heiligen Stuhl beschäftigt.

Während Schavan in Rom den Papst und die Universität Gregoriana besuchte, eilte auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, rund um den Petersplatz von Termin zu Termin. Es galt für Zollitsch, das Programm festzuzurren für einen Besuch, der in Deutschland wie im Vatikan als außergewöhnlich und schwierig empfunden wird – die Reihenfolge ist dabei austauschbar.

Zum dritten Mal kommt Benedikt XVI. nach Deutschland. Kaum gewählt, wurde er beim Kölner Weltjugendtag im Herbst 2005 wie ein Popstar gefeiert; danach war seine bayerische Heimatstadt Marktl am Inn 2006 Ziel eines Privatbesuchs. Noch Bundespräsident Horst Köhler lud den Papst dann als vatikanisches Staatsoberhaupt offiziell ein, sein Nachfolger Christian Wulff erneuerte die Einladung, der Papst sagte zu.

Ob Benedikt XVI. gern in die Heimat der Reformation kommt, darüber gehen innerhalb der vatikanischen Mauern die Darstellungen auseinander. Tarcisio Kardinal Bertone ist als Kardinalstaatssekretär eine Art vatikanischer Premierminister und ein enger Vertrauter des Papstes. Bertone spricht von einem bedeutsamen und besonderen Besuch Benedikts, der auch der evangelischen Welt gilt. Im selben Atemzug gibt er aber zu erkennen, dass der Papst die Bemühungen der Ökumene mit den orthodoxen Kirchen für vielversprechender hält.

Der päpstliche Privatsekretär, Prälat Georg Gänswein, unterstreicht die Vorfreude des Heiligen Vaters auf den Besuch. Kurt Kardinal Koch, als jüngst berufener Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen eine Art oberster Ökumenebeauftragter, erinnert die deutschen Protestanten in freundlich-entschiedenem Ton daran, dass man zwar 500 Jahre getrennt, aber auch 1500 Jahre vereint gewesen sei.

Erzbischof Zollitsch verspricht sich ein Aufbruchsignal für die deutsche Kirche. Dazu bestand offenbar Gesprächsbedarf in der Kurie, denn Zollitsch verlängerte seinen Rom-Besuch um mehrere Tage. Ein anderer mit den Reisevorbereitungen Vertrauter beschreibt die Lage so: "Benedikt XVI. hat das Bewusstsein, dass es noch eine Botschaft zu überbringen gibt." Wie diese lautet, wolle der Papst erst im August in seiner Sommerfrische Castelgandolfo festlegen. Jedenfalls werde er an die wichtigen Reden in seiner unverwechselbaren Gelehrtenschrift Hand anlegen.

Sein Deutschland-Besuch führt ihn anfangs nach Berlin zu einer Messe vor dem Schloss Charlottenburg und einer Rede in den Bundestag. Es ist erst die dritte Ansprache eines Papstes in einem nationalen Parlament: Johannes Paul II. sprach in seiner polnischen Heimat vor dem Sejm, Benedikt XVI. als Bischof von Rom im italienischen Parlament. Nun wird er dies im September im Reichstag wiederholen. Die Rede wie die Begegnung mit den Spitzen der evangelischen Kirche im Kapitelsaal von Martin Luthers Erfurter Augustinerkloster gehören zu den erwarteten Höhepunkten der Papst-Reise. Die Station Erfurt erhält dadurch Bedeutung, dass Benedikt in einem ungewöhnlichen Schritt an Kurie und Bischofskonferenz vorbei an den EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider schrieb und seinen Wunsch nach ausführlichen Gesprächen deutlich machte.

Diese Geste widerspricht dem, was man dieser Tage im Vatikan zu hören bekommt: dass der Papst eigentlich nicht nach Deutschland kommen wollte, aber sich zunehmend gedrängt fühlte und schließlich seufzend einwilligte. Nach Berlin habe Benedikt erst recht nicht gewollt. Die Stadt sei ihm fremd geblieben, die dort gemachte Politik und ihre Protagonisten ebenso. Dass der Theologe auf dem Stuhl Petri überhaupt nicht gerne reise und nicht in kurzlebigen tagespolitischen Dimensionen denke. Mit Blick auf die Ökumene lasse der bald 84-Jährige vielmehr an einem wichtigen Papier für das 500-jährige Jubiläum der Reformation 2017 arbeiten, so dass man sich jetzt eher auf symbolische Handlungen denn auf konkrete Durchbrüche einstellen solle. Überhaupt seien Benedikt und sein Günstling Bertone von der konservativen italienisch geprägten Kurie eingemauert, beschreiben es die Pessimisten.

Immerhin ein Problem wird Benedikt und der in den vergangenen Jahren durch Missbrauchsskandal, Priestermangel und Kirchenaustritte gebeutelten katholischen Kirche in Deutschland erspart bleiben. Schon früh stellte sich die Frage, wie mit Christian Wulff, dem katholischen, geschiedenen und wiederverheirateten Bundespräsidenten, umzugehen sei. Das Kirchenrecht verbietet, dass er die Kommunion erhält. Wulff ließ signalisieren, er freue sich auf den Papst und werde niemand in Verlegenheit bringen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort