Düsseldorf Asteroid fliegt knapp an der Erde vorbei

Düsseldorf · Ein 45 Meter großer kosmischer Felsbrocken nähert sich am Freitag auf weniger als 28 000 Kilometer Entfernung.

Es ist die bislang engste Begegnung der Erde mit einem anderen Himmelskörper, die von Astronomen vorhergesagt wurde. Am Freitag rast der kleine Asteroid "2012 DA14" in einem Abstand von nur 27 700 Kilometern an der Erde vorüber. Seine Flugbahn durchquert damit sogar den Bereich, in dem sich die geostationären Satelliten zur Erdbeobachtung befinden. Die US-Weltraumagentur Nasa informierte die Satellitenbetreiber vorsorglich über die genau berechnete Bahn des Himmelskörpers, sieht aber keine Gefahr eines Zusammenstoßes.

Der etwa 45 Meter große kosmische Felsbrocken "2012 DA14" wurde am 23. Februar 2012 von einem automatischen Teleskop auf Mallorca im Rahmen eines Suchprojekts nach erdnahen Objekten aufgespürt. Solche "Near Earth Objects", kurz NEOs, stellen eine potenzielle Bedrohung für die Erde dar. "Wir schätzen, dass wir erst ein Prozent aller Körper kennen, die größer als 50 Meter sind – vermutlich gibt es Millionen davon", erklärt Detlef Koschny, der das NEO-Suchprogramm der europäischen Raumfahrtorganisation Esa leitet.

1908 explodierte ein vergleichbar großer Asteroid über den bewaldeten Ebenen nahe dem Fluss Steinige Tunguska in Sibirien, rund um den Erdball wurden seismische Erschütterungen registriert. In einem Gebiet von mehr als 2000 Quadratkilometern wurden Bäume entwurzelt oder wie Streichhölzer umgeknickt. Unterhalb des Explosionsherdes wütete ein Waldbrand.

Wäre dieser Asteroid über einer Großstadt niedergegangen, es hätte eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes gegeben – Hollywood hat solche Naturereignisse bereits verfilmt. Kilometergroße Asteroiden – und davon gibt es im erdnahen Raum etwa eintausend – können sogar eine globale Katastrophe auslösen. Seit langem vermuten Forscher, dass das Aussterben der Dinosaurier vor gut 65 Millionen Jahren durch den Einschlag eines zehn Kilometer großen Himmelskörpers auf der mexikanischen Halbinsel Yukatan ausgelöst wurde.

Die bislang präziseste Untersuchung von Zerfallsprodukten radioaktiver Elemente hat diese These gerade bestätigt. Ein Forscherteam präsentierte in der Wissenschaftszeitschrift "Science" neue Erkenntnisse, dass Einschlag des Asteroiden und Artensterben im Rahmen der Messgenauigkeit zur gleichen Zeit stattgefunden haben. Bei einem Messfehler von nur 32 000 Jahren ermittelten die Forscher, dass das Artensterben auf einen Zeitpunkt vor 66 043 Millionen Jahren zu datieren sei und der Asteroiden-Einschlag vor 66 038 Millionen Jahren.

"Wir haben gezeigt, dass beide Ereignisse synchron stattgefunden haben", berichtet Paul Renne vom Berkeley Geochronology Center, "daraus folgt, dass der Einschlag der Hauptauslöser für das Artensterben war." Renne und seine Kollegen gehen aber davon aus, dass nicht allein der Einschlag eines etwa zehn Kilometer großen Brockens aus dem All das Artensterben herbeigeführt hat. Eine Serie von Kälteeinbrüchen in der vorangegangenen Warmzeit habe das Ökosystem bereits erheblich unter Stress gestellt, so die Forscher. Dabei könne auch der intensive Vulkanausbruch in der indischen Dekkan-Region als Auslöser dieser Kälteperioden eine Rolle gespielt haben.

Die Menschheit ist Asteroiden heute allerdings nicht mehr so hilflos ausgeliefert wie die Dinosaurier. Da NEOs sich auf gut vorhersagbaren Bahnen bewegen, würde die Vorwarnzeit bei Objekten größer als ein Kilometer vermutlich viele Jahrzehnte betragen. In einem solchen Zeitraum reichen winzige Bahnkorrekturen aus, um den Himmelskörper an der Erde vorbei zu lenken.

Dafür gibt es unterschiedliche Ansätze: Der Aufprall einer Raumsonde auf der Oberfläche, die Explosion eines nuklearen Spreng-kopfs in der Nähe, durch die ein Teil der Oberfläche verdampfen würde, oder – etwas skurril – die teilweise Einfärbung der Oberfläche, um den Strahlungsdruck des Sonnenlichts auf den Asteroiden zu erhöhen.

Für die Astronomen ist die Begegnung eine seltene Gelegenheit, einen Asteroiden aus der Nähe zu beobachten. So plant die Nasa, den Himmelskörper mit ihrer großen Radarantenne in Goldstone zu verfolgen, um eine genaue Größe zu bestimmen. Und auch viele Sternwarten planen Beobachtungen des Objekts. Diese sind allerdings nicht ganz einfach, da sich "2012 DA14" mit einer Geschwindigkeit von 28 100 Kilometern pro Stunde relativ zur Erde bewegt. Zur nächsten Begegnung mit "2012 DA14" kommt es am 16. Februar 2046 – dann mit einem respektvollen Abstand von etwa einer Million Kilometern.

In diesem Jahr gibt es noch weitere Himmelsereignisse: die Begegnung mit zwei Kometen – zumindest einer davon hat das Zeug zum Jahrhundertkometen. Am 10. März durchläuft zunächst der "Panstarrser" den sonnennächsten Punkt seiner Ellipsenbahn, in den Wochen danach sollte er von Mitteleuropa aus mit bloßen Augen erkennbar sein. Spektakuläres verspricht der Komet "Ison", der uns am 28. November passiert. Er könnte so hell wie der Vollmond werden und damit sogar am Tageshimmel sichtbar sein. Anfang Dezember wird sich der Schweif des tief am Abendhimmel stehenden Kometen möglicherweise über fast ein Drittel des Himmels erstrecken.

(RP)
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