Archäologiefund in Ratingen 28 Millionen Jahre alte Seekuh entdeckt

(svs) In einer Baugrube in Ratingen haben Paläontologen Anfang des Jahres eine archäologische Sensation entdeckt: die fossilen Überreste einer prähistorischen Seekuh. Gestern wurde der Fund in Krefeld im Geologischen Dienst des Landes NRW vorgestellt.

 Eine Rekonstruktion der prähistorischen Seekuh.

Eine Rekonstruktion der prähistorischen Seekuh.

Foto: Denise Seimet

Bei dem Zufallsfund, der bei Bauarbeiten zu Tage trat, handelt es sich um Rippen- und Wirbelfragmente. Das Tier lebte im Oligozän vor rund 28 Millionen Jahren in einem flachen, warmen Küstenmeer, das in dieser Zeit die Kölner Bucht und den Niederrhein bedeckte. Nachdem die Knochen entdeckt worden waren, sicherten die Forscher gemeinsam mit dem Bauunternehmen drei Tonnen Erde und Schlamm, die seitdem genauer untersucht werden.

„Wir haben bislang rund 600 Kilogramm der drei Tonnen alter Sedimente untersucht, ausgeschlämmt und die Funde gesichert. Dabei haben wir eine Menge an Funden gemacht, die in die Millionen geht“, berichtet Christoph Hartkopf-Fröder, Paläontologe beim Geologischen Dienst. Die Wissenschaftler wollen so viele Teile wie möglich sichern, um das ganze Ökosystem des artenreichen Meeres zu erfassen.

Die Seekuh selbst könnte im Idealfall sogar eine neue Art sein. „Bislang wissen wir noch vergleichsweise wenig über Seekühe und wie die Arten sich ausgebreitet haben und ineinander übergehen. Sollte es sich um eine bislang unbekannte Art handeln, wäre das ein großer Schritt“, erläutert Oliver Hampe, Spezialist für fossile Meeressäuger vom Museum für Naturkunde in Berlin. Aus den bislang gefundenen Knochen allerdings lässt sich die Art nicht ableiten. „Das Problem ist, dass die Rippen bei Seekühen sich sehr früh entwickelt und seither nicht mehr verändert haben. Sie sind zwischen den Arten fast identisch. Was wir bräuchten wäre ein Schädel oder ein Zahn. Der reicht bei Säugetieren, speziell bei marinen Säugetieren, aus, um die Art zu bestimmen“, sagt er.

 Einer der gefundenen Rippenknochen.

Einer der gefundenen Rippenknochen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Auf beide Funde, Zähne wie Schädel, besteht noch Hoffnung. In den vier Fünfteln des noch zu untersuchenden Materials aus der Baugrube könnten sich Zähne befinden. Außerdem stehen im unmittelbaren Umfeld der bisherigen Grube in Ratingen noch mehrere weitere Bauprojekte an. Die entdeckte Fundstätte ist ungewöhnlich reichhaltig und verspricht weitere spannende Entdeckungen. Die Forscher hoffen, dort möglicherweise auch den Schädel des Tieres oder eines Artgenossen zu finden. Damit ließen sich dann neue Erkenntnisse über die Entwicklung der Tiergruppe gewinnen, die heute noch in vier Arten vorkommt – in der Karibik, in West- und Ostafrika sowie in Südostasien.

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