Wachstumsschub Angefressene Pflanzen wachsen schneller

Washington (RPO). Auf manche Pflanzen wirken Verletzungen durch grasende Vierbeiner wie ein Jungbrunnen: Werden sie angefressen, wächst ihr Rest oft größer, schneller und fruchtbarer nach als zuvor. Das Geheimnis dieser wundersamen Erholung haben US-amerikanische Forscher jetzt aufgeklärt.

Neue Arten auf den Philippinen entdeckt
10 Bilder

Neue Arten auf den Philippinen entdeckt

10 Bilder

Die Pflanzen vervielfältigen nach einer Verletzung die Chromosomen in ihren Zellen. Dadurch können sie vermutlich mehr von den dringend für Wachstum und Vermehrung benötigten Proteinen produzieren.

Die unscheinbare Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) beginnt beispielsweise mit nur zehn Chromosomen pro Zelle. Nach einigen Kopierschritten aber drängen sich in einigen Zelltypen bis zu 320 Erbgutcontainer. Dieser als "Endoreplikation" bezeichnete Prozess war auch vorher schon bekannt. Neu ist aber der Zusammenhang mit dem Wachstumsschub nach Verletzungen. "Wir haben versucht, beides zu verknüpfen und fanden heraus, dass es tatsächlich eine Verbindung gibt", sagt der Biologe Daniel Scholes von der University of Illinois.

Die Forscher verglichen in ihrer Studie die Reaktionen von zwei verschiedenen Ackerschmalwand-Varianten auf Verletzungen. Eine von beiden vervielfältigte ihre Chromosomen in bestimmten Zelltypen und wuchs hinterher besser und schneller. Die andere Sorte tat dies nicht und blieb im Wachstum zurück.

Forscher simulierten Beweidung

Die Wissenschaftler untersuchten je 160 Exemplare von zwei Arabidopsis thaliana-Sorten. Bei der Hälfte aller Pflanzen schnitten sie den mittleren Spross ab, um eine Beweidung zu simulieren. Die verletzten Pflanzen der Sorte "Columbia" begannen unmittelbar darauf, wieder auszuschlagen und bildeten zahlreiche neue Blätter und Triebe. Sie produzierten deutlich mehr Samen als die unbeschnittenen Pflanzen. Die Sorte "Landsberg erecta" zeigte dagegen keinen solchen Wachstumsschub.

Der Blick auf die Anzahl der Chromosomen in den Zellen der Pflanzengewebe enthüllte nach Angaben der Wissenschaftler ebenfalls Unterschiede: Die Gewebe der Columbia-Pflanzen enthielten zahlreiche Zellen mit vervielfältigten Chromosomen, die der zweiten Sorte dagegen nicht.

Der Mensch neige dazu, seine Gene als unveränderlich zu begreifen, aber der Versuch mit dem Feldgewächs zeige, dass sich die Erbgut-Ausstattung verändern lässt. "Wir stellen fest, dass Pflanzen das, was sie haben, vermehren. Zum ersten Mal beginnen wir nun, zu verstehen, wie sie dies tun und warum", sagen die Forscher im Fachmagazin "Ecology".

Klarer biologischer Vorteil

Vor jeder Teilung einer Körperzelle verdoppeln sich die Chromosomen im Zellkern. Bei der Trennung in zwei Tochterzellen erhalten dann beide jeweils eine Kopie des kompletten Erbguts. Bei der Endoreplikation ist dieser normale Ablauf verkürzt: Die Chromosomen werden zwar kopiert, aber die Teilung entfällt. Die Zelle hat nun den doppelten Satz. Wiederholt sich dieser Prozess mehrfach, steigt auch die Zahl der Chromosomenkopien immer weiter.

Bekannt ist eine solche Endoreplikation unter anderem von Fadenwürmern, aus den Samen von Gräsern und der Plazenta von Nagetieren. Der biologische Nutzen dieses Phänomens war bisher jedoch kaum erforscht. Der Versuch von Page und seinen Kollegen hat nun zumindest für die Ackerschmalwand einen klaren Vorteil gezeigt.

(DAPD/top)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort