Die Verantwortung von sozialen Medien Kreislauf des Bösen

Twitter zeigt jetzt Haltung gegen Donald Trump, indem die Plattform die Botschaften des US-Präsidenten mit Warnhinweisen versieht. Das soziale Netzwerk Facebook dagegen zögert noch.

 Twitter-Chef Jack Dorsey hat nicht so viele Milliarden wie Mark Zuckerberg, zeigt aber dafür mehr Haltung.

Twitter-Chef Jack Dorsey hat nicht so viele Milliarden wie Mark Zuckerberg, zeigt aber dafür mehr Haltung.

Foto: AP/Richard Drew

Jack Dorsey ist einer der spannendsten Milliardäre, die das Internet geschaffen hat. Er programmierte als Jugendlicher Leitsysteme für Krankenwagen und Polizeiautos. Er wollte botanischer Zeichner werden und Modedesigner, dann erfand er Twitter. Nun stellt er sich noch klarer gegen Hetzer und Rassisten. Dass sein Dienst kaum Gewinne abwirft, ist Dorsey gleich. Mit seinem Bezahldienst Square hat er ausgesorgt.

Dorsey hat nicht so viele Milliarden wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg, aber dafür mehr Haltung. Nun hat er einen kleinen Stöpsel aus jenem aufgeblasenen Luftwurst-Clown gezogen, der medial herumhampelt und verleumderische Giftwolken ablässt. Mal sehen, wie viel Schub Dorseys Entscheidung entwickelt, den Tweets seines prominentesten Kunden ab sofort Warnhinweise mitzugeben.

Twitter gesteht nun ein, dass soziale Medien nicht neutrale Auslieferer von Information sein können, sondern Verantwortung für den Inhalt tragen. Problem: Redaktionelle Sauberkeit kostet Personal, kostet Gewinn und Börsenwert, was der Facebook-Chef unbedingt verhindern will. Nach einem Telefonat mit Trump versuchte Mark Zuckerberg seiner zunehmend maulenden Mannschaft zu erklären, warum Facebook Trumps gewaltverherrlichende Kommentare anstandslos transportiert. Zwischen Trump und Zuckerberg scheint ein stillschweigender Pakt zu herrschen. Facebook ließ sich manipulieren, um Trump 2016 ins Weiße Haus zu helfen. Trotzdem oder deswegen will Zuckerberg bei der Wahl im November nicht auf politische Werbung verzichten.

Dorseys Schritt ist auch eine Wette auf die Präsidentschaftswahl: Gewinnt Trump, steht paradoxerweise das Lieblingsmedium des Präsidenten vor harten Zeiten.

Der Journalist Hajo Schumacher schreibt hier über seine Entdeckungsreise in der digitalen Welt. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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