WHO warnt: Krebsrisiko für Handy-Nutzer

Lyon (RP) Eine Woche haben sich 31 Fachleute aus 14 Nationen der Internationalen Krebsforschungsagentur IARC, die bei der Weltgesundheitsorganisation WHO für die Erforschung von Krebserkrankungen zuständig ist, in Lyon mit einer oft kontrovers diskutierten Frage beschäftigt: Erhöht die hochfrequente elektromagnetische Strahlung, die von Handys, aber auch von Rundfunk, Radar und anderen elektronischen Geräten ausgeht, das Risiko, an Krebs zu erkranken? Die Antwort der Experten ist vage und vorsichtig formuliert: Handystrahlung sei "möglicherweise krebserregend", warnen sie. Die IARC ordnet Handystrahlen damit in dieselbe Kategorie ein wie das Pflanzenschutzmittel DDT und Benzindämpfe.

Neue Daten haben die Wissenschaftler der IARC nicht erhoben, sondern lediglich die Erkenntnisse aus den bislang verfügbaren wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema Krebs durch Handystrahlung bewertet. Insgesamt ist die aktuelle Studienlage zu dem Thema nach ihrer Einschätzung derzeit nur "begrenzt". Allerdings löste bei den IARC-Wissenschaftlern ein Teilergebnis einer Großstudie, die 2004 in 13 Staaten durchgeführt worden war, einen "leisen Verdacht" aus, der für sie ausreichte, um vor der Handy-Strahlung als "möglicherweise krebserregend" zu warnen. Unter zehn Prozent der Studienteilnehmer mit der intensivsten Handynutzung stieg laut der Studie die Gefahr von Gliomen (Hirntumoren) um 40 Prozent. Da Gliome an sich schon sehr selten sind, läge selbst bei einer Steigerung des relativen Risikos um 40 Prozent die absolute Gefahr, einen solchen Tumor zu entwicklen, bei höchstens 5 zu 100 000.

"Im Moment ist nicht eindeutig belegt, dass die Nutzung von Mobiltelefonen Krebs bei Menschen auslösen kann", betonte Kurt Straif von der IARC. Der Direktor des Krebsforschungsinstituts, Christopher Wild, betonte: "Weitere Langzeitforschung sollten durchgeführt werden. Solange solche Informationen nicht verfügbar sind, ist es wichtig, pragmatische Maßnahmen zu ergreifen." Die WHO rät deshalb zur Nutzung von Freisprechanlagen, um die Handystrahlung zu minimieren, oder möglichst oft auf die Nutzung von Mobiltelefonen zu verzichten.

Die neue Auswertung der IARC war von Mobilfunkkonzernen mit großer Spannung erwartet worden. Seit der Einführung von Handys Ende der 1980er Jahre ist die Nutzung der Mobiltelefone stark gestiegen. Derzeit gibt es rund fünf Milliarden Handy-Nutzer weltweit. Dennoch konnten Experten bisher keinen Anstieg der Zahl von Hirntumoren in der Bevölkerung feststellen. Der Vizepräsident der CTIA (US-Zusammenschluß von Mobilfunkkonzernen), John Walls, verwies darauf, dass andere wissenschaftliche Studien keine Gefahr hinsichtlich der Strahlung von Handys festgestellt hätten. Auch die US-Kommunikationsbehörde und die US-Gesundheitsbehörde seien zu dem Schluss gekommen, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis für die krebserregende Wirkung von drahtlosen Telefonen gebe.

(RP)
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