Afrika-Experten kritisieren Katastrophen-Hilfe Westen misst mit zweierlei Maß

Schwalbach (dpa). Der Afrika-Experte Walter Michler hat den westlichen Regierungen vorgeworfen, bei der Beurteilung von Katastrophen mit zweierlei Maß zu messen. "Es ist wirklich ein Drama, wie lange die Politik wegsehen kann, wenn es um Afrika geht", sagte der im saarländischen Schwalbach lebende Journalist und Buch-Autor mit Blick auf die Flutkatastrophe in Mosambik in einem dpa-Gespräch. "Schwarze Opfer zählen einfach weniger als weiße." Die Maßstäbe seien völlig außer Kontrolle geraten.

Nach der Sintflut in Mosambik hätten die Politiker erst reagiert, nachdem die Medien das Thema aufgegriffen haben: "Erst als die Fernsehbilder ganz ganz massiv wurden, handelten sie." Dabei hätten den Regierungen schon seit Anfang Februar entsprechende Meldungen vorgelegen. Afrika werde generell zunehmend abgeschrieben, glaubt Michler, der als Korrespondent und Autor des Standardwerks über den Schwarzen Kontinent, "Weißbuch Afrika", 25 Jahre den Umgang Europas mit afrikanischen Tragödien beobachtet.

Im öffentlichen Bewusstsein sei Afrika "ein Fass ohne Boden", hoffnungslos Kriegen und Hungersnöten ausgeliefert. Nur so sei es möglich, dass über Konflikte wie den Krieg im Kongo - "der Ausmaße hat wie hier zu Lande der 30-jährige Krieg" - in Europa so gut wie nie berichtet werde.

Im Zuge der "Amerikanisierung" der westlichen Welt werde es für Themen aus Afrika immer schwerer, in die Medien zu gelangen. Bis ein Ereignis wahrgenommen werde, müsse es eine Aufmerksamkeits-Hürde überwinden, "und diese Hürde liegt für Afrika immer höher". Ohne den Druck der schrecklichen Bilder würde die Politik aber so gut wie nie reagieren. Es sei "unglaublich" dass es neben den Medien "kein halbwegs funktionierendes internationales Krisen-Warnsystem gebe", sagte Michler.

(RPO Archiv)
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