Kevelaer Weltreise in den Tod

Kevelaer · Der Mann, dessen mumifizierte Leiche auf einem Boot vor den Philippinen gefunden wurde, lebte in der Nähe von Kevelaer. Auf seiner Weltumrundung erlitt er wohl einen Herzinfarkt.

Es war eine grausige Entdeckung, die Fischer in einer umhertreibenden Segeljacht 62 Seemeilen vor der südphilippinischen Küste Ende vergangener Woche machten. An Bord des Schiffes fanden sie die mumifizierte Leiche eines Mannes auf einem Stuhl vor einem Funkgerät sitzend - fast so, als wollte er gerade einen Notruf absetzen. Laut Autopsie-Bericht soll er an einem Herzinfarkt gestorben sein.

Der Tote hatte deutsche Papiere bei sich und konnte als Manfred B. (53) identifiziert werden. Nun wurde bekannt, dass B. vom Niederrhein stammt, viele Jahre in der deutsch-niederländischen Grenzregion bei Kevelaer lebte. Dort sorgte die Nachricht gestern bei vielen für Betroffenheit. Die Familie B. hatte bis vor einigen Jahren nahe der Grenze in Wansum in den Niederlanden auf der Maas ein Hausboot. Seine Tochter Nina ging auf deutscher Seite in Twisteden zur Grundschule, später dann auf die Realschule in Kevelaer. "Sie war ein fröhliches Mädchen, flippig im positiven Sinne", berichtet ein 32-jähriger langjähriger Klassenkamerad von ihr. Der Schulfreund erinnert sich auch noch daran, dass die ganze Familie segelverrückt gewesen sei und Nina B. damals "Kapitän" als Berufswunsch in die Abschlusszeitung der Realschule schrieb. "Zur See zu fahren, war immer ihr großer Wunsch", sagte der frühere Schulkamerad.

Irgendwann zog die Familie vom Niederrhein weg. Laut "Bild"-Zeitung wohnte Manfred B. auch in Wuppertal. Zudem soll er eine Adresse in Le Fort-De-France, der Hauptstadt des Inselparadieses Martinique, gehabt haben. Bis dorthin war er vor acht Jahren mit seiner Frau Claudia bei seinem ersten Versuch, die Welt zu umsegeln, gekommen. Die beiden hatten damals den Atlantik in ihrem eigenen Segelboot überquert, das sie nach ihrer Tochter Nina benannt hatten. Seine Frau starb zwei Jahre später im Mai 2010.

Sein zweiter Anlauf zur Weltumseglung endete für Manfred B. nun tödlich. Die neue Jacht "Sayo" trieb mit seinem leblosen Körper in der Südsee vor der philippinischen Küste. An Bord soll die Polizei eine Urkunde gefunden haben, auf der stand, dass er mit seiner Frau auf dem Weg von Singapur nach Durban (Südafrika) auch den Äquator überquert hat. Das Schiffsinnere war nach Angaben der Polizei völlig verwüstet. Bücher, Konserven und Matratzen lagen wild verstreut unter Deck herum. Hinweise auf ein Fremdverschulden als Todesursache fand die Polizei aber nicht. Der Leichnam wies keine Stich- und Schussverletzungen auf. Die Ermittler vermuten unter anderem, dass er in einen Sturm geraten sein könnte und beim Versuch, einen Notruf abzusetzen, einen Herzinfarkt erlitt.

Der philippinischen Polizei zufolge trieb das Boot eine Woche führerlos im Meer, ehe es die Fischer entdeckten. Doch angesichts der nahezu vollständigen Mumifizierung gibt es auch Zweifel an diesen Angaben. Durch die salzhaltige Seeluft, hohe Temperaturen und Wind waren aber auf jeden Fall die Bedingungen für eine schnell fortschreitende Mumifizierung gegeben. Die warmen Temperaturen sorgten zunächst dafür, dass die Oberfläche der Leiche zügig austrocknete. Die windige, salzhaltige Luft unterband dann wohl den schnell eintretenden Fäulnisprozess im Inneren des Körpers, so dass sich die Leiche in eine sogenannte Trockenmumie verwandeln konnte. Entscheidend für diesen Prozess, so sagen Experten, war es auch, dass es auf hoher See keine Insekten gibt.

(RP)
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