Service-Offensive der Deutschen Bahn “Wenn‘s funktioniert, ist es super – es funktioniert nur oft nicht“

Düsseldorf · Die Deutsche Bahn will das Problem der vielen Verspätungen angehen. Zusätzliche Mitarbeiter an den Gleisen und längere Umsteigezeiten sollen helfen. Am Düsseldorfer Hauptbahnhof ist davon aber noch nichts zu spüren.

 Derzeit herrscht oft großes Gedränge an den Gleisen des Düsseldorfer Hauptbahnhofs, viele Züge sind verspätet.

Derzeit herrscht oft großes Gedränge an den Gleisen des Düsseldorfer Hauptbahnhofs, viele Züge sind verspätet.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Thomas Witt wartet an einem Bahngleis im Düsseldorfer Hauptbahnhof auf seinen Zug zum Flughafen Frankfurt. Der ICE nach München hat Verspätung – nichts Neues für den Geschäftsmann, der mit einem Arbeitskollegen auf dem Weg nach Neuseeland ist. „Wir haben großzügig geplant, den Flug sollten wir schaffen“, sagt Witt. Bei der letzten Dienstreise mit dem Zug nach Brandenburg hatte sein Zug bei der Hinfahrt auch Verspätung. Die Rückfahrt sei komplett ausgefallen. „Also mussten wir mit dem Mietwagen zurück“, sagt er. Eigentlich fahre er gerne mit dem Zug, es sei stressfreier. Wenn denn nichts schief ginge. Seiner Schätzung nach gebe es nur noch bei rund 60 Prozent der Verbindungen, die er nimmt, keine Verspätungen. „Dabei wäre es mir eigentlich lieber, mit der Bahn zu fahren. Wenn’s funktioniert, ist es super – es funktioniert nur oft nicht“, sagt er.

Das will die Deutsche Bahn nun mit einer groß angelegten Service-Offensive ändern. Gleich ein ganzes Paket an Maßnahmen soll die Fahrten für Kunden zuverlässiger gestalten (siehe Infokasten). Ein durchschlagender Erfolg lässt sich bisher noch nicht verzeichnen. Auf der großen Anzeigetafel in der Vorhalle des Hauptbahnhofs steht hinter fast jeder Verbindung der Hinweis, dass sich der Zug verspätet – um fünf, um 20 oder sogar 65 Minuten. Die meisten Reisenden werfen aber nur einen flüchtigen Blick auf die Anzeigetafel; die Warteschlange am Informationsschalter ist ebenfalls überschaubar. Verspätungen sind normal, daran haben sich die Pendler längst gewöhnt. Obwohl sich mit jeder Verspätung die Gefahr erhöht, einen Anschlusszug zu verpassen.

 Thomas Witt muss zum Frankfurter Flughafen. Er fährt eigentlich gerne mit der Bahn, doch zu oft ginge eben auch etwas schief.

Thomas Witt muss zum Frankfurter Flughafen. Er fährt eigentlich gerne mit der Bahn, doch zu oft ginge eben auch etwas schief.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

So ergeht es etwa den Schweizerinnen Jina Rose und Ambre Bork. „Wir sind auf dem Weg zurück nach Zürich. Eigentlich sollten wir siebeneinhalb Stunden unterwegs sein, wegen der Verspätung schaffen wir aber unseren Anschluss nicht. Jetzt brauchen wir schon zehn Stunden“, sagt Rose. Angereist sind die beiden mit dem Nachtzug, das habe gut geklappt. „Nur standen wir in Deutschland zwei Stunden irgendwo herum, ohne dass sich etwas tat“, sagt Bork. In der Schweiz seien die Züge nicht so häufig verspätet. „Die fallen dann eher komplett aus“, sagt sie.

Derzeit sind die Züge der Deutschen Bahn so unpünktlich wie seit Jahren nicht. Vorstandsmitglied Michael Peterson sprach von einer Zumutung für Fahrgäste und Mitarbeiter. Die zusätzlichen Kräfte sollen nun ab sofort für die Fahrgäste bereit stehen, wie eine Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion sagte. Für den Fernverkehr seien an den wichtigen Knotenbahnhöfen mehr als 130 Mitarbeitende im Einsatz. „Zusätzlich setzt DB Regio an den großen Knotenbahnhöfen sowie an mittelgroßen und touristischen Bahnhöfen wöchentlich etwa 700 Reisendenlenker ein. An den Ferienwochenenden im August und September beschäftigen wir 100 Gästebetreuer, um den Reisenden den besten Service zu bieten und unsere Zugbegleiter zu entlasten“, so die Sprecherin. Diese sollen vor allem auf den stark nachgefragten Strecken im Einsatz sein, also zum Beispiel zwischen Berlin und München, Berlin und Frankfurt, Hamburg und Köln oder München und Düsseldorf.

 Die Schweizerinnen Jina Rose und Ambre Bork haben noch einige Stunden Zugfahrt vor sich.

Die Schweizerinnen Jina Rose und Ambre Bork haben noch einige Stunden Zugfahrt vor sich.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Die 750 zusätzlichen Servicekräfte in der Bordgastronomie sowie Zugbegleiter seien dabei festangestellt. Die zusätzlichen Gästebetreuer in den Zügen sollen Fahrgäste an reisestarken Wochenenden beim Finden ihres Sitzplatzes unterstützen, kümmern sich um Familien mit Kindern und sorgen für eine gleichmäßigere Nutzung der Sitzplätze. Ihr Einsatz sei zunächst für die Monate August und September geplant.

 Familie Zimmermann aus Bayern reist oft mit dem Zug nach Düsseldorf, dank Direktverbindung auch trotz Verspätungen einigermaßen entspannt.

Familie Zimmermann aus Bayern reist oft mit dem Zug nach Düsseldorf, dank Direktverbindung auch trotz Verspätungen einigermaßen entspannt.

Foto: Christoph Reichwein (crei)
 Die Anzeige in der Bahnhofshalle am Freitagnachmittag. Fast jeder Zug verlässt den Bahnhof mit Verspätung.

Die Anzeige in der Bahnhofshalle am Freitagnachmittag. Fast jeder Zug verlässt den Bahnhof mit Verspätung.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Schon jetzt gibt es aber auch ein paar glückliche Fahrgäste, die ohne Verspätungen durchkommen. „Zumindest bisher ist unser Zug noch pünktlich“, sagt Familie Zimmermann. „Mal abwarten, ob das so bleibt.“ Die Vier fahren oft mit dem Zug aus ihrer Heimat Aschaffenburg in Bayern nach Düsseldorf, um Arzttermine wahrzunehmen. Wenn alles klappt, braucht die Familie für die Strecke mit dem Zug genauso lange wie mit dem Auto. „Eigentlich ist Zugfahren angenehmer. Wir haben sogar Glück, dass es eine Direktverbindung gibt, so müssen wir bei Verspätungen wenigstens nicht um einen Anschluss bangen.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort