Polizei hat Ermittlungen abgeschlossen Tierhilfswerk: Offenbar 100 Millionen Mark veruntreut

München (AP). Beim Deutschen Tierhilfswerk in München sollen nach einem Bericht von "Focus" weit über 100 Millionen Mark Beitragsgelder veruntreut worden sein. Die Ermittlungen der Polizei in Kempten (Allgäu) seien abgeschlossen, berichtete das Münchner Nachrichtenmagazin am Samstag vorab.

Demnach ständen der frühere DTHW-Vorsitzende Wolfgang Ullrich und seine Helfer in Verdacht, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre dieser Fall der größte deutsche Betrugsskandal in einer karitativen Organisation.

Allein zwischen 1994 und 1998 sollen etwa 80 Prozent der für den Tierschutz gezahlten Beiträge von mehr als 148 Millionen Mark auf Ullrichs Privatkonten umgeleitet worden sein. Die Zahl der geschädigten Mitglieder werde auf 500.000 geschätzt, hieß es weiter.

Da Ullrich noch in Thailand in Auslieferungshaft sitze, werde zunächst ein Prozess gegen dessen früheren Generalbevollmächtigten Eduard Wilfried Baumann beginnen, berichtete "Focus" weiter. Der Schweizer, der wegen Totschlags und Betrugs sowie anderer Delikte vorbestraft sei, müsse sich ab dem 27. November vor der Großen Strafkammer des Landgerichts München II verantworten. Baumann habe die Firma Chartex AG in dem Schweizer Ort Hergiswil geleitet und soll von dort die Gelder des Deutschen Tierhilfswerks und des Schwestervereins Europäisches Tierhilfswerk auf Ullrichs Privatkonten umgeleitet haben. So seien 1998 von 35 Millionen Mark Mitgliedsbeiträgen nur zwei Millionen Mark in den Tierschutz geflossen. Baumann habe von März 1998 bis Februar 1999 rund 18 Millionen Mark an Ullrich überwiesen.

Die Anwältin des DTHW sagte dem Nachrichtenmagazin, der neue Vorstand und der neue Beirat des Vereins würden "Machenschaften wie in der Ära Ullrich" in Zukunft verhindern. Der mutmaßliche Betrug des früheren Vorsitzenden basiere auf einem "komplexen Vertragswerk". "Nur so war es möglich, über Jahre Rechenschaftsberichte vorzulegen, die eben nicht sofort als Täuschung erkannt wurden", erklärte die Juristin.

Im Juli hatte ein thailändisches Gericht der Auslieferung Ullrichs zugestimmt. Der 55-Jährige wollte dagegen Berufung einlegen. In Thailand baute Ullrich unter anderem eine Import-Export-Firma auf. Er wurde wegen illegaler Einfuhr einer Jacht verurteilt und kam in Haft, nachdem er die Geldstrafe von 79 Millionen Baht (4,15 Millionen Mark/2,12 Millionen Euro) nicht gezahlt hatte. 1999 stand Ullrich im Mittelpunkt einer innenpolitischen Affäre in Thailand, weil er Regierungsbeamte bestochen haben soll, um ungehindert ein- und ausreisen zu können, obwohl er auf Grund krimineller Machenschaften zur unerwünschten Person erklärt worden war.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort