Vorwurf der fahrlässigen Herbeiführung des Brandes Tauerntunnel-Katastrophe: Lkw-Fahrer fühlt sich nicht schuldig

Salzburg (dpa). Der wegen der Brandkatastrophe im Tauerntunnel angeklagte Lastwagenfahrer hat zum Prozessauftakt jede Verantwortung von sich gewiesen. Bei dem Flammeninferno in dem österreichischen Tunnel waren im vergangenen Jahr zwölf Menschen ums Leben gekommen. Er könne sich an das Unglück nicht erinnern, sagte der 28-jährige rpt 28-jährige Österreicher am Mittwoch in Salzburg.

Ihm wird vorgeworfen, in den Morgenstunden des 29. Mai 1999 am Lenkrad eingeschlafen und in eine vor einer Baustelle im Tunnel wartende Fahrzeugkolonne gerast zu sein. Dabei ging ein mit Lackdosen beladener Lkw in Flammen auf.

Bei dem Großfeuer wurden auch rund 50 Menschen verletzt. Dutzende andere konnten sich unverletzt aus dem 6,4 Kilometer langen Tunnel retten. Im Falle eines Schuldspruches wegen fahrlässiger Herbeiführung der Katastrophe drohen dem Angeklagten bis zu fünf Jahre Haft. Zudem stünde ihm in der Folge eine Flut von Zivilklagen ins Haus.

Die Ursache für die Katastrophe sei ein "Sekundenschlaf" des Angeklagten gewesen, sagte Staatsanwalt Andreas Posch. In den 22 Stunden vor dem Unglück habe der Oberösterreicher nur vier Stunden und 45 Minuten geschlafen. Das sei ein klarer Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz. Tatsache sei, dass der Laster des Angeklagten mit der im Baustellenbereich erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern auf die Fahrzeugkolonne aufgeprallt sei.

Die Folgen des Aufpralls seien verheerend gewesen. Ein mit 24 000 Lackspraydosen beladener Lkw sei in Brand geraten. Vier Pkw seien zusammengeschoben worden. Die Insassen hätten keine Überlebenschance gehabt, betonte der Staatsanwalt. Zugute hielt er dem Angeklagten die Tatsache, dass er in der Folge einigen Menschen den Weg aus dem Tunnel gewiesen und ihnen damit das Leben gerettet habe.

Er habe sich unmittelbar vor dem Unglück gut gefühlt und sei nicht müde gewesen, betonte hingegen der Lkw-Fahrer. Er gab an, knapp sieben Stunden vor dem Unglück in der norditalienischen Stadt Bologna losgefahren zu sein. Die vorgeschriebenen Ruhezeiten habe er eingehalten. Er könne sich erinnern, in den Tunnel eingefahren zu sein. Danach habe sein Gedächtnis aber ausgesetzt. Er könne sich erst wieder daran erinnern, dass er aus dem Lkw gestiegen sei und einen Feuerlöscher gesucht habe.

Die Anklage stützt sich ebenso wie die Verteidigung auf mehrere Gutachten. Die Verteidigung argumentiert, dass die Baustelle im Tunnel nicht vorschriftsmäßig abgesichert gewesen sei. Zudem könnten die Bremsen des Lkw im Tunnel versagt haben. Der Staatsanwalt betonte hingegen, dass den Tunnelbetreibern und den zuständigen Behörden kein Vorwurf gemacht werden könne.

Für Aufsehen hatte unmittelbar vor Beginn der vorerst bis Freitag anberaumten Gerichtsverhandlung die Mutter eines der Todesopfer gesorgt. Sie warf dem Angeklagten im Gerichtssaal lautstark vor, ihr einziges Kind auf dem Gewissen zu haben und das Leben ihrer Familie zerstört zu haben. Bei der Katastrophe kamen auch fünf in Deutschland lebende Polen ums Leben. Die weiteren Todesopfer stammten aus Österreich, Belgien, Griechenland und Bosnien.

(RPO Archiv)
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