Forderung nach Lärmschutz Streit um Fahrverbote für Motorräder

Düsseldorf/Berlin · Der ADAC lehnt Forderungen der Bundesländer nach zeitlich beschränkten Motorrad-Fahrverboten an Sonn- und Feiertagen aus Gründen des Lärmschutzes ab. Im Bundestag wurde darüber am Mittwoch eifrig diskutiert.

 Bereits in der vergangenen Woche kam es zu Protesten der Motorradfahrer, wie hier auf der A37 in Niedersachsen. Für den kommenden Samstag sind bundesweite Demonstrationen angekündigt.

Bereits in der vergangenen Woche kam es zu Protesten der Motorradfahrer, wie hier auf der A37 in Niedersachsen. Für den kommenden Samstag sind bundesweite Demonstrationen angekündigt.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Dass Michael Wilczynski vielleicht bald nicht mehr mit seiner Yamaha-Maschine durchs Bergische Land fahren darf, weil sein Motorrad zu laut sein soll, ärgert ihn. Aber der zweite Vorsitzende des Bundesverbandes der Motorradfahrer (BVDM) erkennt das Problem mit lärmenden Motorrädern an. Der Weg, den die Politik einschlägt, um den Lärm zu bekämpfen, sei aber falsch. Dieser ginge mit der Einschränkung von Freiheit einher, sagt er.

Am Mittwoch diskutierte der Verkehrsausschuss des Bundestags darüber, Lärmgrenzwerte für Motorräder einzuführen und es Kommunen entlang besonders beliebter Strecken zu ermöglichen, an Sonn- und Feiertagen temporäre Motorrad-Fahrverbote auszusprechen. Dafür hatten sich die Länder in einem Beschluss des Bundesrats vom 15. Mai ausgesprochen.

Von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war bereits im Vorfeld zu hören gewesen, dass er solche Fahrverbote ablehne, ebenso vom ADAC. Die Mehrheit der Motorradfahrer sei ordnungsgemäß unterwegs und solle nicht wegen einzelner Ausreißer benachteiligt werden, sagte eine Sprecherin. Der ADAC übersehe nicht, dass sich viele Menschen durch Verkehrslärm belästigt fühlten. „Temporäre Streckensperrungen können hier jedoch nicht die Lösung sein. Ein besserer Lärmschutz funktioniert auch ohne die Einschränkung von Mobilität.“

Wilczynski vom BDVM sieht in Fahrverboten nur eine Verlagerung des Problems: „Wenn an den Hotspots im Bergischen, in der Eifel oder im Sauerland Fahrverbote ausgesprochen werden, würden sich anderswo neue Hotspots bilden.“ Was wiederum weitere Streckensperrungen nach sich ziehen und den Weg für ein flächendeckendes Verbot bereiten würde, meint er.

Der geforderte Lärmgrenzwert von 80 Dezibel, der in etwa der Lautstärke eines Lkw oder Rasenmäher entspricht, hält Wilczynski zudem für populistisch und nicht umzusetzen, weil den Herstellern nach EU-Recht erlaubt werde, Auspuffklappen zur Schadstoffreduktion zu verbauen, die für den meisten Lärm sorgten. Den meisten Krach würden jedoch die Fahrer verursachen, die ihre Maschinen manipulierten. Diese müssten stärker kontrolliert und ihre Fahrzeuge stillgelegt werden. „Dann müssten die Fahrer ihre Maschinen erst wieder zulassen. Und das kostet Geld.“ Auch der ADAC sieht die „Motorradfahrern, die bewusst mit hoher Drehzahl manipulieren oder mit nicht zugelassenen Auspuffanlagen unterwegs sind“, als Hauptverursacher für das Lärmproblem.

In Wermelskirchen, wo man seit Jahren an den Wochenenden mit Motorradlärm zu kämpfen hat, wird der Vorstoß der Politik begrüßt: „Verbote wären für mich das letzte Mittel, aber wir werden nicht dran vorbeikommen. Die Lärmbelästigung für die Anwohner ist erheblich“, sagt Bürgermeister Rainer Bleek. 300 Motorräder pro Stunde würden an manchen Stellen vorbeisausen, und auch die eingesetzten Lärmdisplays, die die Fahrer darauf hinweisen, wenn sie zu laut sind, hätten nur bedingt Erfolg. Der Argumentation von Wilczynski, dass Fahrverbote im Bergischen, im Sauerland oder in der Eifel nur neue Hotspots produzieren würden, hält Bleek entgegen: „Die Motorradfahrer kommen zu uns, weil es hier schöne, kurvenreiche Strecken gibt.“ Streckensperrungen würden die Belastung besser verteilen und damit auch nachhaltig den Lärm reduzieren. Bleek hatte zuletzt für zwei Strecken rund um Wermelskirchen Tempolimits einführen lassen, die nur für Motorräder gültig waren, was Wilczynski dazu veranlasste, am zurückliegenden Wochenende mit 400 Fahrern gegen die Ungleichbehandlung zu demonstrieren.

Für den kommenden Samstag sind bundesweite Proteste angekündigt, die aber nicht vom BVDM, sondern von kompromissloseren Initiativen, wie „Biker for Freedom“ organisiert werden, wie Wilczynski es ausdrückt. Diese Initiative betrachte den BVDM als einer Art Nestbeschmutzer, weil diese sich an Gesprächen mit dem kommunalen Zusammenschluss namens „Silent Rider“ beteiligt hatte.

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