München Streit um Böhm-Stiftung spitzt sich zu

München · Großspender will laut Medienbericht seine Vorwürfe gegen "Menschen für Menschen" per Anzeigen verbreiten.

Die Stiftung "Menschen für Menschen" (MfM) gerät nicht aus den Schlagzeilen. Vor rund sieben Wochen erst war die Hilfsorganisation, die der Schauspieler Karlheinz Böhm 1981 gegründet hatte, um den Menschen in Äthiopien zu helfen, von einem Großspender öffentlich angegriffen worden. Seine Kritik unter anderem: die Verwaltungsausgaben seien zu hoch und die von Stiftungsgeldern errichteten Schulen würden nach der Fertigstellung an den Staat Äthiopien übergeben und danach verkommen. Böhms Frau Almaz, die im November 2011 den Vorsitz der Stiftung übernommen hat, wies die Vorwürfe damals zurück. Nun erneuert der Unternehmer und Großspender Jürgen Wagentrotz in der "Süddeutschen Zeitung" nicht nur seine Kritik an "MfM", er kündigt auch eine bundesweite Anzeigenkampagne mehrerer Spender an, um den Vorstand der Stiftung zum Rücktritt zu bewegen und zur Rückzahlung der Spendengelder zu zwingen. Um seine Sicht der Dinge zu verbreiten, stehe eine Million Euro zur Verfügung, so Wagentrotz.

Bei der Stiftung "MfM" wurde man von der neuerlichen Entwicklung überrascht. "Wir sind betroffen und schockiert", sagt Vorstandssprecher Hermann Orgeldinger. Wagentrotz habe die finanziellen Mittel, eine solche Kampagne umzusetzen. "Dabei wurde vor dem Landgericht München gerade ein Vergleich mit ihm vereinbart, sich gemeinsam mit uns an einen Tisch zu setzen." Dieses Stillhalteabkommen sei nun verletzt, mögliche Auswirkungen einer derartigen Kampagne seien schwer abzuschätzen.

Momentan prüft das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) das Geschäftsgebaren von "MfM". Das DZI vergibt ein Siegel für den seriösen Umgang mit Spendengeldern. Seit 1992 hat "MfM" dieses Siegel jährlich erhalten, so auch für das laufende Jahr. Die gegen die Stiftung erhobenen Vorwürfe seien sehr schwer und teils drastisch formuliert, sagt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. "Deshalb ist uns an einer sachlichen Aufarbeitung gelegen." Je nach Ergebnis der Sonderprüfung kann "MfM" das Spendensiegel auch aberkannt werden.

Die Auseinandersetzung um die Stiftung fällt ungefähr zusammen mit der Übergabe des Vorstandsvorsitzes von Karlheinz Böhm an seine Frau Almaz im November 2011. Böhm, heute 85, leidet an den Folgen eines schweren Autounfalls, seine Frau war seit 2008 geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Die 48-jährige Äthiopierin, eine diplomierte Viehzuchtexpertin, hat Böhm 1991 geheiratet, gemeinsam haben sie zwei Kinder. Laut "Süddeutsche" hat Wagentrotz der Stiftung 2011 ein unglaubliches Angebot gemacht – 500 Millionen Euro, ermöglicht durch Ölfunde in den USA. Almaz Böhm lehnte dieses Angebot ab, weil es die Stiftung überfordern würde und so viel Geld nur schwer umsetzbar wäre in nachhaltige Projekte. Seit dieser Zurückweisung erhebt Wagentrotz, der laut "Bild" acht Millionen Euro an "MfM" gespendet hat, seine Vorwürfe.

Immer wieder geht es dabei um mangelnde Transparenz und Geldverschwendung. Ein Kritikpunkt: die hohen Gehälter für die Stiftungsmitarbeiter. Laut "MfM" haben weder Karlheinz Böhm noch seine Frau über viele Jahre ein Gehalt bezogen. Erst 2009 habe der Vorstand beschlossen, die Leistungen von Almaz Böhm zu honorieren. Im Jahr 2012 habe sie ein Brutto-Gehalt von 105 840 Euro plus 9360 Euro für die Pensionskasse bezogen. Die Rücklagen der Stiftung für Projekte betrugen laut eigenen Angaben Ende 2012 insgesamt 41,6 Millionen Euro. Für die langfristigen Planungen ländlicher Projekte in Äthiopien liege der Investitionsrahmen von 2012 bis 2016 bei 73,2 Millionen Euro.

"MfM"-Vorstandssprecher Orgeldinger empfindet die Vorwürfe als Ungerechtigkeit der Stiftung und Äthiopien gegenüber. "Wir haben nichts zu verbergen", sagt er. Aber er weiß auch, was der Streit bedeutet: "Es bleibt immer etwas hängen."

(RP)
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