Schneechaos – Ischgl dicht

15 000 Menschen saßen am Wochenende in Österreich fest. Auch in der Schweiz waren Orte von der Außenwelt abgeschnitten. Durch heftigen Schneefall blieben Straßen gesperrt, danach drohten den Urlaubern lange Staus.

Bregenz/Wien (RP) Die Ausläufer des Sturms "Andrea" haben am Wochenende in den Alpen viel Schnee gebracht – teilweise über einen Meter. In Österreich und in der Schweiz mussten Bahnstrecken und Straßen gesperrt werden. Davon betroffen waren auch Wintersportorte. Tausende Urlauber saßen fest und konnten die Heimreise nicht antreten. Die beliebten Skigebiete Ischgl und das nahe gelegene Galtür waren wegen der Lawinengefahr auf der einzigen Zufahrtsstraße bis gestern nicht zu erreichen und von der Außenwelt abgeschnitten.

Im gesamten Alpengebiet herrschte Lawinengefahr teilweise bis zur zweithöchsten Warnstufe. Gestern entspannte sich die Lage in einigen Regionen etwas, doch bei wieder einsetzendem Schneefall kam es auf zahlreichen Strecken zu Staus.

In den Skiorten Lech, Zürs, Stuben, Warth und Gargellen waren am Wochenende vorübergehend etwa 15 000 Menschen eingeschneit. Geduld brauchte dort auch der Kölner Arzt Lothar Müller, der die Heimreise vom Arlberg aus dem Winterurlaub um einen Tag verschieben musste. "Wir wollten am Freitag starten, aber da war überhaupt nichts mehr zu machen", sagte er. "Nachdem am Samstag der Flexenpass von Lawinen freigesprengt worden war, gab es dann ein kurzes Zeitfenster von zwei Stunden, in dem wir in Kolonne aus dem Lechtal rausfahren durften." Skifahren sei für sie nur an zwei von zehn Urlaubstagen möglich gewesen. "Dafür mussten wir jeden Tag unser Auto freischaufeln."

Für eine Gruppe von 52 Deutschen aus Lindau am Bodensee musste sogar ein Helikopter des österreichischen Bundesheeres ausrücken: Die Wintersportler waren im Vorarlberg auf einer Berghütte zwei Tage eingeschlossen, bevor sie ins Tal geflogen werden konnten. Auch ein sieben Monate altes Baby war dabei. Die Stimmung war trotzdem gut, sagte Hüttenwirt Thomas Beck: "Wir hatten genug zu essen."

Ein Skifahrer aus Fürstenfeldbruck bei München wurde am Samstag im Stubaital abseits der Pisten von Schneemassen verschüttet – der Mann überlebte. In Tirol gab es im Bahnverkehr Probleme: Bis morgen soll die Arlbergbahn gesperrt bleiben, ebenso die Verbindung zwischen Reutte in Tirol und Garmisch in Bayern.

Der Schweizer Wintersport-Ort St. Moritz war einen Tag nicht mit dem Zug zu erreichen, der Julierpass wurde für Autos gesperrt. "Ein komisches Gefühl, zu wissen, man wäre nicht rausgekommen, wenn man gewollt hätte", sagte Kurdirektor Hanspeter Danuser. Der Schnee sei von allen Seiten gekommen. "So eine Situation habe ich selten erlebt in meinen bald 35 Jahren hier." Wie er berichtet, gehörte auch Fernsehmoderatorin Michelle Hunziker zu den eingeschneiten Urlaubern in dem Engadiner Nobelort. "Sie genießt das und passt auch gut hierher", sagte Danuser.

Eine Entspannung der Wetterlage ist erst am Mittwoch in Sicht. In Österreich und den bayerischen Werdenfelser Alpen besteht weiterhin große Lawinengefahr der Stufe vier, der zweithöchsten möglichen Stufe. Neben dem anhaltenden Schneefall drohen auch Unwetter mit Sturmböen auf den Gipfeln und Schneeverwehungen.

(RP)
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