Schlagerstar Petry wird 60

Er war der Liebling der Massen – bis er sich 2006 aus der Öffentlichkeit zurückzog. Ein Zuviel an Aufmerksamkeit war dafür offenbar der Grund. Ein Comeback schließt Petry aus – daran wird auch sein Geburtstag morgen nichts ändern.

Köln Mit heiserer Stimme singt Wolfgang Petry "Wieso und Weshalb". Er reckt die Arme gen Himmel und ruft "Freunde". 45 000 Fans jubeln ihm im ausverkauften Essener Georg-Melches-Stadion zu, singen mit: "Wieso und weshalb denn, warum und wofür, hätt' niemals geglaubt, dass mir sowas passiert." Petry wirbelt über die Bühne – im Holzfällerhemd mit blassblauer Jeans, Vokuhila-Frisur und Schnauzbart. Wie man ihn kennt. Unprätentiös. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass dieses Konzert am 7. August 1999 der letzte Live-Auftritt des erfolgreichsten deutschen Schlagerstars sein würde. Wieso und weshalb denn auch?

Eine Rückkehr auf die Bühne schließt Frührentner Wolfgang Petry auch elf Jahre nach seinem Abschiedskonzert aus. Daran ändere auch sein 60. Geburtstag morgen nichts. Es werde "kein Comeback geben, weder jetzt noch in der Zukunft", schreibt Petry auf seiner Internetseite. Mit der Presse spricht er seit fünf Jahren nicht mehr. Seit er sich am 24. September 2006 nach 30 Jahren auf der Bühne und mehr als zehn Millionen verkauften Schallplatten und CDs bei Dieter Thomas Heck in der Show zur Verleihung der "Goldenen Stimmgabel" aus der Öffentlichkeit verabschiedete. Dort, wo alles angefangen hatte, mit seinem ersten Solotitel "Sommer in der Stadt" 1976 in der ZDF-Hitparade. "Mein Weg ist hier zu Ende", sagte "Wolle", der soeben seine zweite Platin-Stimmgabel erhalten hatte und beendete so seine Sangeskarriere. Mit knapp 55. Auf dem Gipfel des Erfolgs. Nachdem "die längste Single der Welt" 81 Wochen am Stück in den Charts stand. Sein Abschied: ein Rückzug ins Private.

Die Freundschaftsbändchen hat Wolfgang Petry ausgezogen und für einen guten Zweck versteigert. Wie viele es genau waren, weiß wohl nur er selbst. Sie reichten bis zur Armbeuge, Zeichen seiner Beliebtheit, eines innigen Verhältnisses zu seinen Fans. Sein zweites Markenzeichen, die Lockenmähne, ist nun ebenfalls ab.

Wolfgang Petry führt ein bürgerliches Leben, ist wieder mehr Franz Hubert Wolfgang Remling als der Liebling der Massen, die Stimmungskanone der Republik. Er treibt Sport, verreist mit seiner Frau Rosie und geht in seiner Rolle als Opa auf. Nur selten campieren noch Fans vor seinem Haus. Gerne spielt er mit seinen Enkeln, Giorgio (5) und Giuliano (3). Kurzum: ein Frührentner, der sein Leben genießt, jenseits der Öffentlichkeit.

Morgen wird der gelernte Feinmechaniker aus der Kölner Südstadt 60 Jahre alt. Sein Leben als Schlagerstar vermisst er offenbar nicht. Star wollte er sowieso nie sein. In Interviews, die er damals noch gab, erinnerte sich Petry am liebsten an seine "Diskothekenjahre". Die Jahre, in denen er in kleinen Clubs auftrat, nur er und eine Anlage, als ihn nur wenige Fans kannten und ihm zum ausverkauften Stadion noch mehrere Zehntausend Zuschauer fehlten.

Mehr als 20 Jahre lang kämpfte er nach verschiedenen Aufs und Abs bis zum Durchbruch. Um dann zu erkennen, dass seine glücklichste Zeit die als unbekannter, unwichtiger Mensch war. Nur ein einziges Mal hat Petry seinen Schwur gebrochen und im Sommer 2007 zusammen mit seinem Sohn ein Interview gegeben. Damals wollte er wohl der Karriere seines Sohnes Achim, der ebenfalls Musiker ist, zu einem Sprung verhelfen. Ein bisschen so scheint es auch jetzt: Den Spekulationen über ein mögliches Comeback entgegnet er auf seiner Homepage: "Achim und ich sind im Studio und probieren neue Songs für ein Album von Achim aus. Sobald es von Achim neue Songs zu hören gibt, werden wir das rechtzeitig bekannt geben." Der 37-Jährige singt erfolgreich die Hits seines Vaters nach und tourt durch die Republik.

Nicht nur die Songs seines Sohnes verkaufen sich gut. Auch der Umsatz seiner eigenen CDs ist ungebrochen groß. Zum Geburtstag gibt Petry senior zwei CDs heraus: "Unschlagbar – Die größten Hits" und "60 Jahre – 60 Hits". Wer so viele Songs geschrieben hat, kann damit gleich mehrere Best-of-Alben bestücken. Die Fans bleiben ihm treu, wie Petry mit seinem Abschied irgendwie auch sich selbst treu geblieben ist. Schluss, aus und vorbei.

(RP)
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