Beamte waren laut Urteil unschuldig Scheibchenweise Freisprüche für Polizisten im Schmierwurst-Prozess

Bochum (dpa/lnw). Im "Schmierwurst-Prozess" am Landgericht Bochum sind am Donnerstag vier der fünf angeklagten Polizisten vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen worden. Quasi scheibchenweise: drei am Vormittag, ein vierter am Nachmittag. Die 46 bis 53 Jahre alten Beamten der Wache in Oer-Erkenschwick waren beschuldigt worden, Mitte der 90er Jahre Fleischpakete von einer Wurstfabrik angenommen zu haben. Im Gegenzug hätten die Ordnungshüter bei Überprüfungen des Firmenfuhrparks oder bei Verkehrskontrollen ein Auge zugedrückt.

Freigesprochen wurden auch eine Disponentin (42) sowie der Betriebsratsvorsitzende (48) des Wurst- und Fleischwarengroßhandels. Sie waren wegen Bestechung angeklagt worden. Nachdem zwei Belastungszeugen ihre früher gemachten Aussagen nicht bestätigt und auch keinen der angeklagten Polizisten als Empfänger der Wurstpakete identifiziert hatten, forderte auch die Staatsanwaltschaft Freisprüche - aus Mangel an Beweisen. Die laut Urteil unschuldigen Polizisten saßen im Frühjahr 1998 bis zu zwei Wochen in U-Haft. Dafür werden sie jetzt finanziell entschädigt.

Der Prozess gegen die beiden verbliebenen Angeklagten, einen Polizisten und den Vertriebsleiter der Wurstfabrik, wird an diesem Freitag fortgesetzt. Der 59 Jahre alte stellvertretende Dienststellenleiter soll 1994 für einen Polizei-Betriebsausflug mindestens 50 Koteletts zum "Dumpingpreis" von nur einer Mark pro Stück im Werk abgeholt haben.

Die Verteidiger der freigesprochenen Polizisten übten Kritik an der Anklagebehörde. Der Verfasser der Anklage bei der Bochumer Staatsanwaltschaft müsse sich ernsthaft Gedanken darüber machen, welche existenziellen Folgen ein derart langwieriges und völlig unverhältnismäßiges Strafverfahren haben könne, sagte eine Verteidigerin in ihrem Plädoyer.

In einem anderen "Schmierwurst-Prozess" müssen sich bereits seit Anfang Juni vier TÜV-Fahrzeugprüfer und der frühere Werkstattleiter der Wurstfabrik wegen ähnlicher Vorwürfe vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts Bochum verantworten.

(RPO Archiv)
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