Rom Roms Priester kaufen schlichtere Gewänder

Rom · Mit Franziskus hat sich auch die Nachfrage bei der Priester-Mode gewandelt. Alte Gewänder werden jetzt recycelt.

Es sind schwere Zeiten für die Schneider des Papstes. Vielleicht hat Lorenzo Gammarelli deshalb diesen leicht resignierten Blick. Über ihm hängen die Porträts der letzten Päpste, die der vatikanische Hofschneider mit Sitz in der Nähe des römischen Pantheon allesamt eingekleidet hat. Aber der Mann in Weiß ganz links sieht irgendwie anders aus.

Franziskus trägt zwar die weiße Soutane von Gammarelli. Aber den mit Hermelinfell besetzten und mit seinem roten Samt an die kaiserliche Tradition erinnernden Schultermantel namens Mozetta, den warf dieser Papst nie über. Auch die roten Schuhe oder den Camauro, die fellbesetzte Wintermütze, lehnt der Papst aus Argentinien ab. "Das war schon eine kleine Enttäuschung für uns, wo wir doch alles extra für ihn gefertigt haben", sagt Gammarelli. "Aber wir haben größten Respekt für ihn."

Wie ein Zeichen eiserner Papsttreue liegt bei Gammarelli der Osservatore Romano, das vatikanische Verlautbarungsorgan, auf dem Tresen. Doch Franziskus hat seinen ganz eigenen Stil. Das hatte nicht nur Folgen für die katholische Kirche insgesamt, sondern insbesondere für den Kleidungsstil des gesamten Klerus. Er ist mit dem Papst aus Argentinien ärmer und essenzieller geworden. Manche behaupten, die Zeiten katholischen Prunks seien endgültig vorbei. Andere finden den plötzlichen Wandel einfach nur scheinheilig.

An seinem dritten Amtstag sagte Franziskus den berühmt gewordenen Satz, der zum Menetekel der Papstschneider geworden ist: Er wünsche sich "eine arme Kirche für die Armen". Das viel beklatschte Zitat war wie ein Stich ins Herz der Klerikal-Stylisten. Denn seither fahren Kardinäle, die früher Luxuskarossen benutzten, plötzlich Kleinwagen wie der Papst. Und Priester, Bischöfe, Prälaten aller Art, die früher prächtige Messgewänder auflegten, tragen nun bei der Liturgie das, was man salopp mit klerikalen Alltagsklamotten umschreiben könnte.

Wertvoll hergestellte, mit Brokat und Edelsteinen besetzte Indumen

te sind out. Die Traditionalisten unter den Geistlichen, die Spitzen und Glitzer liebten, haben es schwer. Im katholischen Klerus herrscht nicht mehr Haute Couture, wie sie noch Federico Fellini in seinem Film "Roma" persiflierte. Angesagt ist Prêt-à-porter oder kurz: stile francesco.

Luciano Ghezzi kann ein Lied von den Auswirkungen des spartanischen Franziskus-Stils singen. Er ist 75 Jahre alt und führt seit den 60er Jahren eines der zahlreichen Geschäfte mit Klerikal-Bedarf in der Via dei Cestari in Rom. Der päpstlichen Bescheidenheit, die Kritiker für inszeniert halten, setzt er das Selbstbewusstsein eines Modeschöpfers entgegen. "Ich habe alles, ich statte ganze Kirchen aus. Meine Sachen sind die Besten."

Dann zupft Ghezzi an einem besonders aufwendig hergestellten, mit Gold und Edelsteinen bestickten Messgewand für knapp 3000 Euro und sagt: "Darauf bleibe ich sitzen, das ist sicher." Denn der Klerus hat den Gürtel enger geschnallt. Die Wirtschaftskrise macht sich bemerkbar. Aber vor allem zeigt der Stil des Papstes, der sich nach Franz von Assisi benannt hat, Wirkung. Der legte seine noblen Kleider ab und wählte die Armut. Die mittelbare Folge dieses Mythos bekommt Luciano Ghezzi bei der monatlichen Abrechnung zu spüren: Sein Gewinn ist um die Hälfte geschrumpft, sagt er. "Sie recyceln jetzt sogar", mault Ghezzi etwas verächtlich.

(RP)
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