München Reporterlegende Gerd Ruge wird 85

München · Der ARD-Auslandskorrespondent war immer nah dran an der Weltpolitik.

Es gibt nicht viele Reporter, die den Blick der Deutschen auf Amerika, Russland, China und die europäischen Nachbarn so geprägt haben wie Gerd Ruge. Der frühere Auslandskorrespondent für die ARD und kurzzeitige WDR-Chefredakteur wird heute 85 Jahre alt. Ruge hat sich für Menschenrechte eingesetzt, war Gründungsmitglied und erster Vorsitzender von Amnesty Deutschland, aber: "Ich habe versucht zu vermeiden, die Berichterstattung über die Politik eines Landes abhängig zu machen von den eigenen Vorstellungen von Menschenrechten." Die Zurückhaltung ist aus Sicht von WDR-Intendant Tom Buhrow eine besondere Qualität. Ruges Arbeit sei so erfolgreich, weil es ihm nie darum gegangen sei, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.

Wenn es 1955 schon Twitter gegeben hätte, wäre der Besuch von Bundeskanzler Konrad Adenauer in Moskau anders verlaufen. Denn Außenminister Heinrich von Brentano kam damals aus dem Verhandlungssaal geschossen und rief den Korrespondenten zu: "Unverschämtheit, unerträglich, die Verhandlungen sind zu Ende. Wir reisen ab!" Einer der Journalisten war Gerd Ruge. In seinem gerade erschienenen Werk "Unterwegs: Politische Erinnerungen" schreibt er: "Nur die schlechten Telefonverbindungen bewahrten mich davor, eine Falschmeldung in die Welt zu setzen, wie sie heute innerhalb von Minuten, von Sekunden, über Rundfunk, Fernsehsender und durch das Internet kursieren würde." Die Verhandlungen nicht abgebrochen. Ruhe bewahren, sorgfältig recherchieren, Informationen überprüfen - das zeichnete Ruge aus.

(dpa)
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