Synodaler Weg Deutsche Katholiken wollen Reformen trotz Widerspruch aus Rom umsetzen

Frankfurt/Köln · Sexualmoral, Machtmissbrauch, Zölibat: Die katholische Kirche in Deutschland verändert ihre Strukturen. Papst Franziskus ist dagegen. Doch die Katholiken bleiben hart und pochen auf die Umsetzung.

 Eine Jesusstattue mit Kreuz im hessischen Tränkhof (Symbolbild)

Eine Jesusstattue mit Kreuz im hessischen Tränkhof (Symbolbild)

Foto: dpa/Nicolas Armer

Lang nicht jeder Gläubige ist emotional beteiligt, wenn am Donnerstag in Frankfurt am Main der Synodale Weg weitergeht, der Reformprozess der deutschen Katholiken. „In aller Demut sehe ich mich als Teil der Weltkirche“, sagt der frühere Late-Night-Talker und praktizierende Katholik Harald Schmidt der Deutschen Presse-Agentur. „Wenn da jetzt in der Diaspora ein bisschen Halligalli gemacht wird, dann kann ich da nicht gleich aufgeregt mittanzen.“ Entscheidend für ihn sei: „Was sagt das Oberhaupt?“ Und da sei es ja nun so, dass sich Papst Franziskus kürzlich mit der Aussage positioniert habe, es gebe schon eine sehr gute evangelische Kirche in Deutschland, eine zweite sei nicht nötig. „Fand ich eigentlich eine gute Pointe.“

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, findet die Äußerung des Papstes dagegen „zynisch“. „Ich glaube, das war eher als ein Hieb gemeint, dass man sowas jetzt nicht will in den eigenen Reihen. Dass ich das jetzt als Lob auf die Evangelischen verstanden hätte, werden Sie mir nicht zumuten.“

Für diejenigen, die sich auch nach der Papst-Äußerung immer noch der Illusion hingaben, der deutsche Reformprozess könne von oberster Stelle zumindest mit einer gewissen Offenheit verfolgt werden, folgte einige Wochen später noch eine schriftliche Klarstellung des Vatikans, die an Deutlichkeit nichts mehr zu wünschen übrig ließ: Demnach sind die Deutschen „nicht befugt“, an den Leitungsstrukturen oder gar an der katholischen Lehre irgendetwas zu ändern.

Für manche war dieses absolutistische Machtwort aus Rom der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Petra Drönner, eine bis dato treue Kölner Katholiken, trat deshalb aus der Kirche aus. „Mir reicht's jetzt“, sagt sie über den Schritt, der ihr alles andere als leicht gefallen sei. Aber: „Die Erklärung des Vatikans ist für mich ein Schlag ins Gesicht für alle engagierten Laien, die sich seit Jahren oder gar Jahrzehnten in ihren Kirchengemeinden einsetzen.“ Mit dem Austritt will sie ein Zeichen setzen: „Wenn das viele tun, wird das vielleicht doch in Rom wahrgenommen.“

Damit ist allerdings eher nicht zu rechnen. Wenn man sich mit einem römischen Kardinal wie dem früheren Präfekten der römischen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, unterhält, bekommt man eher den Eindruck, dass diese die deutsche Volkskirche längst abgeschrieben haben.

Meinungsumfragen zeigen immer wieder, dass eine große Mehrheit sowohl der deutschen Katholiken als auch der Deutschen allgemein weitgehende Reformen in der Kirche befürworten. Eben die werden in dem seit 2019 laufenden Prozess des Synodalen Wegs angestrebt. Es geht um vier Bereiche: Umgang mit Macht, Position der Frau, Sexualmoral und Pflichtzölibat der Priester.

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Trotz des Bannstrahls aus Rom wollen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, und die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, den Synodalen Weg wie geplant fortsetzen. Die Reformer setzen darauf, dass sie einige Neuerungen - etwa beim angestrebten Mitspracherecht der Gläubigen bei der Bischofswahl oder beim Segen für gleichgeschlechtliche Paare - auch ohne Zustimmung aus Rom verwirklichen können.

Bätzing parierte die Kritik aus dem Vatikan am Sonntag in einer Predigt in Essen. Wohl mit Blick auf Kardinal Müller, der in einem dpa-Interview gesagt hatte, die Kirche habe keine Vollmacht, ihre von Jesus begründete Ordnung zu verändern, sagte er: „Wie kommen durchaus kluge Köpfe heutzutage zu der völlig ungeschichtlichen Behauptung, die Kirche habe keine Vollmacht, ihre Lehre in der Auseinandersetzung mit der Gegenwartskultur und ihren Prägungen zu verändern, denn dies bedeute Treulosigkeit gegenüber Christus und seinem Evangelium? Ich bin - nicht zuletzt im Blick auf unser Ringen um Veränderungen im Synodalen Weg - entschieden anderer Meinung.“

Was in Deutschland derzeit versucht werde, sei keine „billige Zeitgeistigkeit, die immer wieder diffamierend unterstellt“ werde. „Es ist der beständige Weg der Kirche seit ihren Anfängen.“ Die deutschen Katholiken versuchten nur, dem „eklatanten Gesichtsverlust“, den die Kirche in den vergangenen Jahren erlitten habe, etwas Positives entgegenzusetzen.

(msk/dpa)
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