Rücktrittsgesuch von Münchner Erzbischof Kardinal Marx akzeptiert Entscheidung von Papst Franziskus

München/Vatikanstadt · „Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung“, sagt Kardinal Marx nach der Entscheidung von Papst Franziskus, seinen Rücktritt abzulehnen. Das Zentralkomitee der Katholiken begrüßt die Ablehnung, die Opferinitiative „Eckiger Tisch“ kritisiert sie.

 Kardinal Reinhard Marx (l.) hört 2019 in Italien dem Opfer von sexuellem Missbrauch, Jean-Marie Fürbringer, aus der Schweiz, zu, während er sich mit Mitgliedern der ECA (Ending Clergy Abuse) trifft.

Kardinal Reinhard Marx (l.) hört 2019 in Italien dem Opfer von sexuellem Missbrauch, Jean-Marie Fürbringer, aus der Schweiz, zu, während er sich mit Mitgliedern der ECA (Ending Clergy Abuse) trifft.

Foto: dpa/Alessandra Tarantino

Kardinal Reinhard Marx (67) hat mit einer Stellungnahme auf den am Donnerstag veröffentlichten Brief von Papst Franziskus reagiert, mit dem dieser Marx' angebotenen Amtsverzicht als Erzbischof von München und Freising ablehnt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert die Reaktion des Kardinals:

„Die Antwort des Heiligen Vaters hat mich überrascht. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell reagieren würde und auch seine Entscheidung, dass ich meinen Dienst als Erzbischof von München und Freising weiter fortführen soll, habe ich so nicht erwartet. Ich bin bewegt über die Ausführlichkeit und den sehr brüderlichen Ton seines Briefes und spüre, wie sehr er mein Anliegen versteht und aufgenommen hat. Im Gehorsam akzeptiere ich seine Entscheidung, so wie ich es ihm versprochen habe.

Das bedeutet für mich und unsere gemeinsame Arbeit im Erzbistum München und Freising aber auch, zu überlegen, welche neuen Wege wir gehen können – auch angesichts einer Geschichte des vielfältigen Versagens –, um das Evangelium zu verkünden und zu bezeugen. Dabei steht der Bischof nicht allein und ich werde in den nächsten Wochen darüber nachdenken, wie wir gemeinsam noch mehr zur Erneuerung der Kirche hier in unserem Erzbistum und insgesamt beitragen können; denn der Papst greift vieles auf, was ich in meinem Brief an ihn benannt habe, und gibt uns wichtige Impulse. Es bleibt bei dem, was ich auch in meiner Erklärung unterstrichen habe: dass ich persönlich Verantwortung tragen muss und auch eine ‚institutionelle Verantwortung’ habe, gerade angesichts der Betroffenen, deren Perspektive noch stärker einbezogen werden muss.

Ich empfinde diese Entscheidung des Papstes als große Herausforderung. Danach einfach wieder zur Tagesordnung überzugehen, kann nicht der Weg für mich und auch nicht für das Erzbistum sein."

Die Reaktionen auf die Entscheidung des Papstes in Deutschland sind unterschiedlich. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (Zdk) zeigte sich froh, dass Marx bleibt. Dagegen kritisierte der „Eckige Tisch“, eine Organisation von Missbrauchsopfern, die Entscheidung, weil sie dem Rücktrittsangebot die Wucht nehme.

Marx hatte am vergangenen Freitag bekannt gegeben, dass er dem Papst im Mai in einem Brief um die Entbindung von seinem Amt als Münchner Erzbischof gebeten habe und dass der Papst die Veröffentlichung dieses Rücktrittswunschs erlaubt habe. Der 67-jährige Münchner Kardinal hatte sein Gesuch damit begründet, „Mitverantwortung“ für die „Katastrophe des sexuellen Missbrauchs“ übernehmen zu wollen.

In seiner Antwort bezeichnete sich der Papst gegenüber Marx als „Dein Bruder, der Dich liebt“. In der Antwort auf das Gesuch ging Franziskus auf das Bittschreiben von Marx ein. Darin bestätigt der Papst, dass es die Kirche mit einer „Katastrophe“ zu tun habe. Außerdem zitierte er eine Stelle, in der Marx anbot, sich gern weiter in der Seelsorge für die von Franziskus angemahnte geistliche Erneuerung der Kirche einsetzen zu wollen. Dazu schrieb Franziskus: „Und genau das ist meine Antwort, lieber Bruder – mach weiter, so wie Du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising.“

Das ist Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising
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Das ist Kardinal Reinhard Marx

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Foto: dpa/Tobias Hase

Der Papst begründete das Festhalten an Marx zudem mit einem Vergleich mit dem Apostel Petrus, der der erste Bischof von Rom gewesen sein soll. Als Petrus zu Jesus gesagt habe, „geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder“, habe er von Jesus die Antwort bekommen, „weide meine Schafe“.

ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagte unserer Redaktion, er sei froh, dass Marx als „starke Stimme“ erhalten bleibe. Matthias Katsch, Sprecher des Eckigen Tischs, erklärte hingegen, Marx habe mit seinem Rücktrittsangebot auf die Verantwortung aller Bischöfe gezielt, auch die des Bischofs von Rom und damit des Papsts. „Mit seiner Entscheidung, den Rücktritt nicht anzunehmen, nimmt Franziskus dem Rücktrittsangebot von Kardinal Marx die Wucht.“ Katsch warf dem Papst auch vor, Machtmissbrauch und Missbrauchsvertuschung als Folge von früher anderen Zeiten darzustellen und so zu relativieren – dies sei „besonders erschreckend“.

Marx wird sich nach der Entscheidung des Papsts damit allerdings auch weiter als amtierender Bischof der weiteren Missbrauchsaufarbeitung stellen müssen. Im Sommer soll im Erzbistum München ein neues Gutachten veröffentlicht werden. Außerdem werden Marx aus seiner Zeit als Bischof von Trier in den Jahren 2002 bis 2008 immer wieder Vorwürfe gemacht, er soll Täter geschützt haben. Marx hatte wegen der Kritik an seinem Handeln im April auf das Bundesverdienstkreuz verzichtet.

(c-st/KNA/AFP)
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