Protestbewegung Maria 2.0 So kämpfen katholische Frauen gegen Diskriminierung in der Kirche

Münster · Ab Samstag wollen katholische Frauen gegen Diskriminierung in der Kirche kämpfen. Gemeinden aus ganz Deutschland beteiligen sich an der Protestbewegung. Die Bistümer reagieren bislang verhalten.

Warum wir bei Maria 2.0 mitmachen
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Warum wir bei Maria 2.0 mitmachen

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Foto: Christoph Reichwein (crei)

Man kann sich die Anfänge gar nicht klein genug vorstellen. Wie in Münster ein paar Frauen im Lesekreis der Gemeinde Heilig Kreuz beisammensitzen, und wie dann ein Wort das andere ergibt – über die aktuelle Lage der Kirche und ihre Diskriminierung der Frauen, über die Sexualmoral und den Missbrauch, und dass man darüber nicht nur reden solle, sondern auch handeln müsse.

Dieser Abend ist die Geburtsstunde von „Maria 2.0“. Von einer Protest-Initiative, die den Gründungsmitgliedern über den Kopf gewachsen ist. Denn am „Kirchenstreik“ der Frauen vom 11. bis
18. Mai nehmen nicht nur Gemeinden aus dem Bistum Münster teil. Bundesweit gibt es Aktionen, sogar aus Österreich und der Schweiz kommen Rückmeldungen. Wo und wie viele Frauen ab Samstag tatsächlich in den Kirchenstreik treten und ihre Ämter und Ehrenämter ruhen lassen, weiß niemand. Auf jeden Fall werden es mehr als die 50 bislang angekündigten Aktionen sein. Das Unübersichtliche aber ist gar nicht schlimm, sagt Initiatorin Andrea Voß-Frick (48). Weil die Idee die der Graswurzelbewegung ist: Überall wird der Protest weitergetragen, und alle gestalten ihn so, wie sie es mögen. Es gibt keine zentrale Anlauf- und Auskunftsstelle, aber eine zentrale Idee: dass die Frauen in der katholischen Kirche endlich Zugang zu allen Ämtern bekommen.

Und das wollen sie jetzt mit ihrem Protest auch sichtbar machen, mit eigenen Wortgottesdiensten vor den Kirchen. „Wir gehen da nicht rein, weil wir eh ausgeschlossen sind“, sagt Voß-Frick. Eine zentrale Aktion wird es aber doch geben, mit der Mahnwache am Sonntag vor dem Dom zu Münster.

Vieles hört sich wenig organisiert an und überstürzt. Doch ist es vor allem Ausdruck einer Sehnsucht nach Erneuerung. Und während Papst Franziskus auf dem Rückflug von Mazedonien erklärt, dass die Frage nach dem Frauendiakonat selbst nach zweijähriger Arbeit einer Kommission so bald nicht beantwortet werde, setzen die Frauen hierzulande Zeichen: „um hierarchische Machtstrukturen der Kirche aufzubrechen“. Das dürfte erst mit dem Einlenken der Amtsträger möglich werden.

Die Reaktionen aus den Bistümern sind vorsichtig bis verhalten. Zumindest scheinen die Zeiten vorbei zu sein, in denen ein Kardinal auf vergleichbare Anliegen der Frauen antworten konnte: „Wo leben die denn?“ Das Erzbistum Paderborn bedauert, dass die „recht plakativen Aktionen“ einen Dialog erschweren. Für das Erzbistum Köln verweist Petra Dierkes, Leiterin der Hauptabteilung Seelsorge, auf das Mentoring-Programm des Erzbistums „Frauen steigen auf“; und in Münster will man den von der Bischofskonferenz beschlossenen synodalen Weg verfolgen, zu dem auch Partizipation und Gewaltenteilung zählen.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sagte unserer Redaktion: „Ich habe Verständnis für die Anliegen, die in der Aktion Maria 2.0 angesprochen werden.“ Doch würden „allzu einfache Antworten auf komplizierte Fragen, gerade was weltkirchliche Themen angeht, uns nicht weiterhelfen“.

Auf größere Unterstützung dürfen die Frauen aus dem Ruhrbistum hoffen. „Das Anliegen der Frauen ist für mich mehr als verständlich“, sagte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer unserer Redaktion. „Die Aktion verdeutlicht den enormen Veränderungsbedarf in der Katholischen Kirche und führt uns buchstäblich vor Augen, was ohne das große Engagement der Frauen in unserer Kirche nicht möglich wäre.“

Für die, die ab Samstag der Kirche fernbleiben werden, ist Maria zur Symbolfigur geworden. Nicht die überlieferte, die in der Kirche zwar verehrt werde, aber nach Meinung der Münsteranerinnen zu schweigen und Demut zu zeigen habe. Diese Maria habe zum Frauenbild der Kirche beigetragen und brauche eine Überarbeitung – Maria 2.0 soll der „Relaunch“ sein. „Wir wollen Maria vom Sockel runterholen und in unserer Mitte haben“, sagt Voß-Frick. Nach den Frauenprotesten beim Frühjahrstreffen der deutschen Bischöfe in Lingen nun die bundesweite Streikwoche. Mit einem schnellen Einlenken „aus den oberen Etagen der Kirche“ rechnen die Initiatoren aber nicht. „Ich fürchte, wir werden weitermachen müssen“, so Andrea Voß-Frick.

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