Vorschlag von katholischem Jugendverband Sollte man jetzt auch Gott gendern?

Berlin · Die katholische Jugend hat eine Debatte darüber angestoßen, ob und wie Gott zu gendern sei, um ein vielfältiges Gottesbild zu unterstreichen. In der Politik stößt die Idee auf teils entschiedene Ablehnung.

 „Gott ist eine Frau“ steht auf dem Kleid der Finalistin Cäcilia in der TV-Show „Germany’s next Topmodel“ im Mai 2019 in Düsseldorf.

„Gott ist eine Frau“ steht auf dem Kleid der Finalistin Cäcilia in der TV-Show „Germany’s next Topmodel“ im Mai 2019 in Düsseldorf.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Soll Gott künftig als „Gott*“ oder als „Gott+“ geschrieben und gesprochen werden? Eine sofort erregt geführte Debatte hat die Katholische junge Gemeinde (KjG) mit Überlegungen zum Gendern Gottes angestoßen. Nach ihrer Herbsttagung erläuterte Julia Niedermayer von der KjG-Bundesleitung im Dom-Radio, dass die jungen Leute in den katholischen Verbänden ein „sehr vielfältiges Gottesbild erfahren“ und für sie die „logische Konsequenz“ sei, das sprachlich auch ausdrücken zu wollen. Es gehe um die „Weitung des Gottesbegriffes oder des Gottesverständnisses“ in Texten, Gebeten, Impulsen und Veranstaltungen.

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, zeigte sich offen für sprachliche Veränderungen. „Ich persönlich bevorzuge die Lutherbibel“, meinte der SPD-Politiker. Er sei ansonsten aber der Meinung, dass Sprache etwas Lebendiges sei. Sie verändere sich, indem man Menschen so reden lasse, wie sie es wünschten. Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz äußerte sich ähnlich: „Zur Religionsfreiheit gehört auch, dass jeder Mensch seinen Gott oder seine Göttin nennen darf, wie er oder sie will.“

Dagegen verwahrte sich der Hamburger CDU-Landesvorsitzende Christoph Ploß mit aller Entschiedenheit. „Schon die Bibel sagt uns, dass wir alle, Männer und Frauen, als Abbild Gottes geschaffen sind“, sagte Ploß unserer Redaktion. „Dass die Gender-Debatte jetzt nicht einmal vor dem lieben Gott haltmacht, zeigt den ideologischen Furor hinter der Identitätspolitik“, meinte der CDU-Politiker. Es sei keine gute Entwicklung, wenn sich irgendwann jede Diskussion nur noch um Merkmale wie Geschlecht oder Hautfarbe und die ständige Betonung solcher Unterschiede drehe. „Das spaltet die Gesellschaft in einzelne Gruppen, statt sie zusammenzuführen“, mahnte Ploß.

Auch AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch kritisierte die Absicht der katholischen Jugend scharf. „Die Kirchen haben nur eine Zukunft, wenn sie über dem Zeitgeist stehen, nicht wenn sie sich dem Zeitgeist anbiedern“, erklärte die AfD-Religionspolitikerin. Wer Gott gendern wolle, habe jeden Bezug zu christlichen Werten und christlicher Tradition verloren. „Diese absurde Idee ist der Ausdruck spiritueller Leere, geistiger Verflachung und kultureller Bindungslosigkeit“, meinte von Storch.

In ihrem Bericht von ihrer Herbsttagung schilderte die KjG, dass sie „engagiert und mit Sorgfalt“ auf der Suche nach Gottesbezeichnungen sei, die mehr umfassten als die „männlich weiße Vorstellung von Gott“. Hierbei wolle sie alle Ebenen des Verbandes mit einbeziehen, der nach eigenen Angaben etwa 80.000 Mitglieder im Alter zwischen neun bis 25 Jahren zählt.

„Die KjG vertritt den Standpunkt, dass die Möglichkeiten der Gottesbilder vielfältig sind“, heißt es in der Erklärung weiter. „Wie wir von Gott sprechen, prägt auch unser Menschenbild“, halten die jungen Katholiken fest. Das sei nicht neu. „Neu ist aber, dass immer mehr Gläubige von der Vorstellung eines männlich patriarchalen, weißen Gottesbildes befremdet sind und das auch laut sagen“, lautet das Ergebnis der Tagung.

Nach Einschätzung der KjG-Bundesleitung greife die männlich weiße Vorstellung von Gott theologisch zu kurz und erschwere vielen jungen Menschen den Zugang zu Gott. Andererseits sei für viele Katholikinnen und Katholiken mit der Verwendung des Gottesbegriffes im tradierten Sinne religiöse Heimat verbunden. Die Einführung von „Gott*“ werde daher innerhalb des Verbandes „sensibel vorbereitet“.

Rebecca Biesenbach, die Geistliche Bundesleiterin der KjG verwies darauf, dass es zwar keine Beschlusslage gebe, dass die KjG aber „auf jeden Fall etwas ändern“ wolle. Es gehe um die Leitfrage, wie das an vielen Stellen sehr männlich geprägte Gottesbild in die Vielfalt zurückgebracht werde, die es verdiene. Entscheidungen könnten im nächsten Frühjahr bei der Bundeskonferenz im Bergischen Land fallen.

Ironisch wird der Gottesbegriff als allein männlich gemeint seit langem hinterfragt. Davon zeugen Sprüche wie „Als Gott den Mann erschuf, übte sie noch.“ Oder „Ich habe neulich Gott getroffen, sie war schwarz und eine Frau.“ Auch in dem Kinofilm „Dogma“ von Kevin Smith aus dem Jahr 1999 ist Gott eine Frau und wird gespielt von der Sängerin Alanis Morisette. In anderen Religionen sind weibliche Gottesvorstellungen weit verbreitet. Das gilt auch für die Göttinnen in der Antike.

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