Umgang mit Missbrauchskrise Jesuitenzeitschrift „America“ kritisiert Papst Franziskus

Washington · In einem Leitartikel beklagt die Publikation fehlende Transparenz im Umgang mit Bischöfen und Kardinälen, die entweder des Missbrauchs Minderjähriger oder der Untätigkeit angesichts von Missbrauchsvorwürfen beschuldigt werden.

 Papst Franziskus nimmt an der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz teil (Archivfoto).

Papst Franziskus nimmt an der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz teil (Archivfoto).

Foto: dpa/Gregorio Borgia

"Beides, das Verfahren und die Kommunikation müssen verbessert werden, um das Vertrauen des Gottesvolks wiederherzustellen", heißt es in dem Meinungsbeitrag der Herausgeber. Dieser wirft einen Blick auf das unterschiedliche Vorgehen von Papst Franziskus mit den Beschuldigungen und Verurteilungen in den Fällen der Kardinäle Theodore McCarrick (USA), George Pell (Australien) und Philippe Barbarin (Frankreich). Auch die unterschiedlichen Antworten des Papstes auf die Rücktrittsgesuche der meisten chilenischen Bischöfe bewerten die America-Herausgeber kritisch. Franziskus habe nicht öffentlich erklärt, warum er einige Rücktritte angenommen habe, andere aber nicht. Dieses Verfahren sei nicht geeignet, das Vertrauen in die Kirche wiederherzustellen.

"America" beklagt, dass unter Papst Franziskus bisher keine klaren Regeln etabliert worden seien, kirchenrechtliche Verfahren gegen Bischöfe transparenter zu gestalten. Deshalb hänge vieles von persönlichen Entscheidungen des Papstes selber ab. "Es gibt kein einheitliches Verfahren für diese Fälle."

Das Magazin ruft in Erinnerung, dass der Vatikan bei der US-Bischofskonferenz im November 2018 in letzter Minute intervenierte, um zu verhindern, dass diese eigene Regeln beschließt. Zur Begründung hieß es seinerzeit, die amerikanischen Bischöfe sollten der Weltkirche nicht vorgreifen. Insbesondere nicht dem Bischofstreffen im Vatikan zur Missbrauchskrise, das dann im Februar 2019 tagte, ohne jedoch klare Beschlüsse zu fassen.

"Ein in die Länge gezogener und undurchsichtiger Prozess verstärkt bloß die Sorge, dass die Kirche immer noch mehr daran interessiert ist, sich selber zu schützen als diejenigen, die unter dem Missbrauch leiden", kritisieren die Autoren.

Es sei beunruhigend, dass selbst professionelle Beobachter nicht in der Lage seien, "zu verstehen, was in den Hallen des Vatikan passiert". Es bräuchte klare Führung, die sagt, gegen welche Bischöfe ermittelt wird und "welche Person oder welche Vatikan-Behörde für die nächsten Schritte in dem Prozess zuständig ist". Wenn Entscheidungen getroffen seien, müssten diese klar kommuniziert werden. Der Leitartikel gilt unter Analysten als bemerkenswert, weil Papst Franziskus selbst aus dem Jesuitenorden stammt und die offiziellen Jesuiten-Publikationen ihn stets unterstützen.

(mro/KNA)
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