Gott Und Die Welt Warum ist diese Welt eigentlich so und nicht anders?

Das Wörtchen Warum hat das Zeug dazu, die Welt infrage zu stellen. Eine kleine Kulturgeschichte des Ergründens, dargeboten von den Teilnehmern der Warteschlange vor dem Bäckerlädchen.

Irgendeiner hat damit angefangen. Wer genau, ist nicht mehr zu ermitteln. Jedenfalls lief dieses eine Wort wie ein Lauffeuer durch die morgendliche Warteschlange vor dem Bäckerladen. Wo nur beginnen? Am besten mit dem angekündigten Wort, das oft das erste ist, mit dem Kinder ihren Zugang zur Welt öffnen und die Erziehungsberechtigten in den Wahnsinn treibt. Dieses Wort heißt: warum. Es ist heimtückisch, weil es zunächst auf die Erklärung eines einzelnen Sachverhalts zielt. Weil aber jeder Sachverhalt nie vollständig erklärbar ist, eröffnen sich die Möglichkeiten immer weiterer Warums. Das ist aufklärerisch zwar gut gemeint, psychologisch aber der GAU. Am Ende hat das kleine und unscheinbare Warum das Zeug dazu, die Welt infrage zu stellen. Nun finden sich in unserer Warteschlange keine kleinen Warum-Nervensägen, sondern ausgewachsene Brötchenholer. Weshalb sich unsere Warums auch in einem intellektuell ordentlichen Rahmen bewegten und darum vorab geklärt wurde, was so ein Warum eigentlich ist. Ein Frageadverb, meinte ungefragt der pensionierte Gesamtschullehrer.

Kleine Anmerkung: Dieses Warum muss immer auf die Funktion eines Satzadverbials beschränkt bleiben — im Gegensatz zum Wie. Genau das hätte ich dem einst Lehrenden gerne noch mit auf den Weg gegeben, wäre es mir nur eingefallen. So musste ich es daheim in Eisenbergs "Grundriss der deutschen Grammatik" nachschlagen und später in die Kolumne einschmuggeln. Egal. Nun aber zu unseren Warums, von denen mir folgende in Erinnerung geblieben sind: Warum sind die meisten Haarsalons eigentlich am Montag geschlossen? Und warum auch die Museen? Und warum können werktags dann Friseurinnen nie in Museen gehen? Warum ist das meiste, was gut schmeckt, ungesund? Warum befinden sich die meisten chinesischen Restaurants in der ersten Etage. Warum liegen Matratzengeschäfte stets an einer Straßenecke? Ein Warum-Furor wütete, beendet von diesem Gespräch:

Vier, nein, fünf Sauerteigbrötchen, bitte.

Tut mir leid, aber es gibt keine Sauerteigbrötchen mehr, weder vier noch fünf.

Warum?

Ausverkauft!

Warum?

Sonst noch was?

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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