Kolumne Gott und die Welt Die Kraft des Fastens

Meinung · Der Ramadan für Menschen muslimischen Glaubens hat wieder begonnen. Für manche führt die Form des körperlichen oder psychischen Leidens zur Tilgung von Sünden. Im Verzicht steckt aber auch noch etwas anderes.

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Foto: Shutterstock.com / Velveteye

Den ganzen Tag über nichts zu essen und zu trinken, einen Monat lang, wie jetzt im Ramadan, ist sicher eine große Herausforderung, sowohl für den Körper als auch für die Psyche. Fasten ist daher auch mit Leiden verbunden. Der Islam sieht allerdings gerade im Leiden einen weiteren Weg zur Gottesnähe. Leiden ist verbunden mit Demut, Bescheidenheit, Geduld, aber auch Hoffnung und Willenskraft. Wer leidet, wird nicht nur an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert, sondern zugleich an die Schöpferkraft in uns, mit der man das eigene Leben in die Hand nehmen und verändern kann.

Der Prophet Mohammed soll gesagt haben, dass jede Form des körperlichen oder psychischen Leidens zur Tilgung von Sünden führt. Es sei eine Form der Reinigung. Kann jedoch dieses Aufwerten von Leiden nicht gefährlich werden? Dies könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Leiden absichtlich angestrebt wird; wenn man sich vorsätzlich in Situationen verwickelt, um als Opfer der Umstände dazustehen. Auch Selbstmordanschläge basieren auf dem Gedanken der Aufwertung des Leidens bis hin zum Opfern des eigenen Lebens.

Diese Kritik ist berechtigt, daher darf Leiden nicht pauschal als Weg zum Heil glorifiziert werden. Seine Aufwertung hilft vor allem Betroffenen, die etwas Trost finden könnten. Denken wir an verzweifelte Todkranke oder Menschen in aussichtslosen Situationen. Die Gerechtigkeit Gottes wird dafür sorgen, so der muslimische Glaube, dass uns jede Form des Leidens wiedergutgemacht wird, spätestens im Jenseits, am Tage des Gerichts. Dieser Glaube erleichtert Menschen, schwierige Situationen zu akzeptieren, aber auch zu hoffen, dass es einen Ausweg gibt. Es gibt daher immer einen Grund zu hoffen.

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Dass man, während man fastet, weiß: Bald kommt der Sonnenuntergang, bald kommt die Erleichterung – dieser Gedanke ist es, der es ermöglicht, dass Fastende verborgene Kräfte in sich zur Entfaltung bringen, denn Hoffnung spendet Überlebenskraft.

Unser Autor ist Professor für islamische Religionspädagogik an der Universität Münster. Er wechselt sich hier mit der katholischen Theologin Dorothea Sattler, der evangelischen Religionslehrerin Anne Schneider und dem Rabbi Jehoschua Ahrens ab.