Kolumne: Gott Und Die Welt Prosit Neujahr!

Mit dem ersten Advent beginnt das neue Kirchenjahr. Das ist eine ganz andere und wertvolle Zeitrechnung, in die wir uns begeben können.

Und? Schon gespannt aufs neue Jahr? Sind die Vorsätze wasserdicht formuliert und auch sonst alle Zukunftsfragen geklärt? Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn schon am morgigen ersten Advent feiern Christen das neue Kirchenjahr. Sicher, groß auffallen werden diese Feierlichkeiten nicht, auch weil sie kaum jemand bedenkt. Das Kirchenjahr ist so gesehen unzeitgemäß, was bei wohlmeinender Sicht durchaus zutreffend ist.

Denn Jahreszeiten spielen keine Rolle. Das Kirchenjahr tickt anders: Indem es sich an den christlichen Festen orientiert, wiederholt es die biblische Geschichte. Genau das ist das Aufregende an dieser Zeitrechnung, dass wir Jahr für Jahr das Evangelium erleben und in gewisser Weise nachleben. Zwei Zeitrechnungen laufen parallel; nirgends wird das so brisant wie im Advent.

Denn während sich die Jahreszeit dazu entschließt, die Welt ziemlich finster werden zu lassen, lässt die Erwartung auf die Ankunft von Gottes Sohn unsere Tage heller und heller erscheinen: Der Adventskranz als eine Art Licht-Countdown, der die Zukunft mit jeder neuen Kerze sicherer macht. Auch das ist so ein schöner Gegensatz: Während wir alle wissen, dass man die Zukunft immer nur unzureichend planen und bestimmen kann, ist das Kirchenjahr voller Gewissheit.

Ja doch, die Menschwerdung Gottes fällt nicht in das Raster unserer tollen Planungen; sie ist etwas Gegebenes, also nicht etwas von Menschenhand Gemachtes. Vielleicht schöpft der christliche Glaube genau daraus seine Ruhe. Was immer auch kommen mag, was immer auch uns noch ereilen wird, das jedenfalls ist sicher: die Geburt Jesu.

Der Advent ist eine Wartezeit; auch darum wurde bis Weihnachten ursprünglich gefastet. Aber man muss das alles nicht bedenken. Man kann auch seine Freude haben an dem, was ist und was jetzt so geboten wird: Glühweinabende, geschmückte Städte und das Weihnachtsmärchen im Theater. Noch reicher wäre die Zeit aber schon, würde man sie auch als Erwartung erfahren, nicht nur als Erfüllung.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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