Gott und die Welt Die Gefahren der Corona-Sprache

Die aktuelle Pandemie hat einige neue Wörter populär gemacht, die bedenklich sind – wie Risikogruppe und Systemrelevanz. Es ist ratsam, auch in unserer Sprache sensibel zu bleiben.

 Wörter sollten mit Bedacht gewählt werden.

Wörter sollten mit Bedacht gewählt werden.

Foto: dpa/Silas Stein

Die Corona-Krise hat uns reicher gemacht – an Wörtern. Wobei etliche sehr wahrscheinlich nicht erst mit dem Virus geboren wurden, nur dürften sie vor allem im Sprachgebrauch der Spezialisten existiert haben. Wörter, die Menschen im Blick haben. Die Rede ist von jenen, die plötzlich „Risikogruppen“ zugeordnet werden und seit Kurzem – in dramatisierter Steigerung – sogar Hochrisikogruppen. Oder auch von arbeitenden Menschen, deren Tätigkeit „Systemrelevanz“ attestiert wird. Natürlich sind das zumeist technische Begriffe, mehr oder weniger Hilfsmittel der Verständigung, die darauf abzielen müssen, Schaden  abzuwenden und Handlungsfähigkeit zu bewahren. Fachvokabular für Fachleute in Sondersituationen eben.

Nun berührt die Corona-Krise aber alle Menschen und alle Lebensbereiche. Nahezu jeder ist in irgendeiner Form vom Virus betroffen, und so wundert es nicht, wenn technische Begrifflichkeiten wie selbstverständlich in unseren Wortschatz eingehen. Da fängt es an, schwierig zu werden. Denn auch die Sprache bestimmt unser Bewusstsein. Wörter nisten sich in unserem Kopf ein, werden erst gelernt, dann ausprobiert, bis sie Eingang finden in unsere Alltagssprache. Wir haben erst lernen müssen, dass manche Menschen systemrelevanter sind als andere und wiederum andere riskant leben oder zum Risiko werden. Menschen aber sind nie in Kategorien zu fassen. Und niemandem wird man mit einem Schlagwort gerecht. Natürlich nicht, rufen wir alle. Doch Sprache ist nachhaltig und widerständig. Und Wörter, wie wir ihnen jetzt in der Corona-Krise begegnen, werden vielleicht über die Pandemie hinaus erhalten bleiben. Wer ist dann systemrelevant? Und welche Hochrisikogruppen gilt es künftig zu meiden? Es ist ratsam, auch in der Sprache sensibel zu bleiben.

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