Kardinal Rainer Maria Woelki weiter unter Druck „Krise im Erzbistum Köln belastet und schädigt die katholische Kirche als Ganze“

Exklusiv | Köln · Die Kritik am Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki dauert an. Der Fall übernommener Spielschulden für einen Priester aus einem eigentlich für andere Zwecke gedachten Fonds sorgt für Aufsehen. Nun äußert sich ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp.

 Kardinal Rainer Maria Woelki betritt den Kölner Dom zum Pontifikalamt.

Kardinal Rainer Maria Woelki betritt den Kölner Dom zum Pontifikalamt.

Foto: dpa/Marius Becker

Der Unmut vieler Gläubiger im Erzbistum Köln sowie die Kritik an Kardinal Rainer Maria Woelki haben auch über die Ostertage nicht nachgelassen. Im Mittelpunkt steht diesmal die Zahlungen von rund 1,15 Millionen Euro, die dem Fonds für besondere Bedürfnisse (BB Fonds) entnommen und mit denen die Spielschulden eines Geistlichen inklusive der Steuern und Zinsen gezahlt wurden. Dabei sind Aufsichts- und Kontrollgremien nicht in Kenntnis gesetzt wurden – ein Vorgehen, das aktuell rechtlich zumindest umstritten ist.

Das ist ein neues Kapitel in der seit vielen Monaten anhaltenden Kritik an der Führung im Erzbistum und der mangelnden Transparenz an Entscheidungen. „Die immer noch nicht gelöste Krise im Erzbistum Köln, auch das Nichthandeln des Vatikan, belastet und schädigt die katholische Kirche als Ganze“, sagte Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) unserer Redaktion. Nach ihren Worten lasse sich mit Blick auf die Reformanstrengungen des Synodalen Weges „in der Erzdiözese Köln wie in einem Brennglas erkennen, dass ein Weiter-So nicht zu verantworten ist. Wäre der Grundtext des Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ nicht in der 2. Lesung mit großer Mehrheit im Februar 2022 von der Synodalversammlung bereits beschlossen worden, dann stünde er jetzt auf dem Plan. Die Situation in Köln liefert alle Beweise, wie die Zeit für Reformen drängt und keinen, aber auch wirklich gar keinen Aufschub mehr duldet“, so Stetter-Karp.

Nach Auskunft des Erzbistums hatte für die Zahlungen der Spielschulden das Erzbitum unter Kardinal Joachim Meisner sowie seinem Nachfolger Kardinal Rainer Maria Woelki in den Jahren 2015 und 2016 in fünf Tranchen exakt 493.697,82 Euro gezahlt. Nach einer steuerrechtlichen Prüfung mussten dann später noch einmal 650.000 Lohnsteuer sowie Zinsen nachgezahlt und die Steuerschuld beglichen werden. Während die Spielschulden selbst aus dem sogenannten BB-Fonds gezahlt wurden, entrichtete man die Nachzahlungen aus dem Personalkostenbudgets des Erzbistums.

 Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Wenn Priester in Not gerieten, teilt das Erzbistum auf Anfrage mit, sei man im Rahmen der Fürsorgepflicht bemüht, diese auch zu unterstützen. Zudem gehe man davon aus, „dass ein solcher Fall heute so nicht mehr auftreten kann, da wir aus dem Fall gelernt haben und der Kontakt zwischen der Personalabteilung und den Geistlichen heute intensiver und besser geordnet ist“.

Aus dem BB-Fons wurden nicht allein die Missbrauchsgutachten (insgesamt 1,27 Millionen) und Krisenberatungen (1,4 Millionen) gezahlt. Aus diesem Sondervermögen werden auch die Betroffenen sexualisierter Gewalt entschädigt mit maximal 50.000 Euro. Gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ [kostenpflichtiger Inhalt] nannte der Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, Johannes Norpoth, die Relation der Zahlungen verstörend und beschämend. Die Zahlungen werden im Erzbistum Köln von einer Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) nach einer für alle 27 deutschen Bistümer einheitlichen Ordnung festgelegt.

Vor wenigen Tagen hatte die Kirchenreformbewegung von „Wir sind Kirche“ gegen Kardinal Woelki protestiert und ihm die Rote gezeigt. Gegenüber unserer Redaktion erklärte ihr Sprecher Christian Weisner, dass dieser Protest „für die 82 Prozent der Kölner Katholikinnen und Katholiken steht, die laut einer Forsa-Umfrage im Februar 2022 von Papst Franziskus erwartet haben, dass er den Kardinal absetzt“.

Nach seinen Worten würden „die vielen einsamen und augenscheinlich falschen Entscheidungen von Kardinal Woelki in Sachfragen und Personalfragen zeigen, dass ihm die pastoralen und sozialen Kompetenzen für das Bischofsamt eines der größten und reichsten Bistümer fehlen. Woelki steht leider immer noch für das System Meisner, dessen Erzbischöflicher Kaplan und Geheimsekretär er von 1990 bis 1997 war.“ Auch nach seiner Rückkehr habe Kardinal Woelki „sein absolutistisches und klerikales Verhalten leider nicht geändert“.

Die Auswirkungen seien nicht nur für das Erzbistum, sondern für die ganze Kirche in Deutschland „katastrophal“. Solange die katholische Kirche, so Weisner, ihre internen Angelegenheiten und hier vor allem die Abschaffung sexualisiertet Gewalt, um die sich der Synodale Weg in einzigartiger Weise bemüht, nicht kläre, „solange werden auch alle anderen Aktivitäten zur Evangelisierung und Erneuerung vergeblich sein. In seinem Hirtenwort zu seiner Rückkehr, das nur um seine Person kreist, erwähnt er den Synodalen Weg mit keiner Silbe“.

Nach Einschätzung von ZdK-Präsidentin Imre Stetter-Karp schade der „anhaltende Schwebezustand allen, am Ende auch dem Kardinal selbst“.

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