Berlin Rechnungshof nimmt Diesel und Tabak ins Visier

Berlin · Der Bundesrechnungshof sieht großen Spielraum bei Vergünstigungen und Subventionen.

Trüffel in Essig: 19 Prozent Mehrwertsteuer. Trüffel ohne Essig: sieben Prozent Mehrwertsteuer. Oder auch Tomatenketchup: 19 Prozent Mehrwertsteuer. Tomatensaft: sieben Prozent. Für Wildschweine oder Flusspferde kassiert der Staat den vollen Steuersatz, für Hausschweine nur den ermäßigten.

Wenn sich der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, die Produkte und Dienstleistungen ansieht, für die der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent erhoben wird, stößt er unweigerlich auf eine Finanzquelle des Staates, die nicht voll erschlossen ist. Denn der Bund könnte nach Schätzungen des Bundesrechnungshofes finanziellen Spielraum von jährlich rund 50 Milliarden Euro gewinnen, wenn er Steuervergünstigungen und Subventionen stärker begrenzen oder abbauen würde.

Auch wenn die gesamtwirtschaftlichen Bedingungen weiter günstig seien, müsse der Bundeshaushalt für kommende Herausforderungen zukunftsfest gemacht werden, sagte Scheller bei der Vorlage der "Bemerkungen 2017" des Bundesrechnungshofes in Berlin. Er appellierte an eine neue Bundesregierung, Steuervergünstigungen und Subventionen daraufhin abzuklopfen, "ob Ziel und Zweck der jeweiligen Vergünstigung auch heute noch Bestand haben". Nach den Worten von Scheller könnten allein beim Steuerprivileg für Dieselkraftstoff acht Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen generiert werden. Eine Überprüfung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes könnte etwa 30 Milliarden Euro finanziellen Spielraum erschließen. Eine Streichung der Subventionen bei Strom- und anderen Energiesteuern brächte nochmals sieben Milliarden Euro potenzielle Einnahmen für den Staat. "Willkürlich wäre es, Vergünstigungen einfach nur der Vergünstigungen wegen zu belassen." Eine neue Regierung sollte "Überkommenes über Bord werfen, um Raum für Neues zu schaffen. Um Spielräume zu schaffen. Denn der Bund verzichtet jährlich auf enorme Summen", sagte Scheller.

Zu den aufgezeigten Fällen zählte auch der illegale Handel mit dieselähnlichen Gemischen, sogenannten Designer Fuels. Dadurch entstehe dem Staat ein Steuerschaden in dreistelliger Millionenhöhe. Werden diese Gemische als technische Öle deklariert, sind sie steuerfrei. Werden sie jedoch als Dieselkraftstoff verwendet, wird die Energiesteuer hinterzogen. Ebenfalls haben die Rechnungsprüfer wieder Verschwendung bei der Bundeswehr aufgelistet. Auch hier ist nicht immer nur beschafft worden, was benötigt werde, so wie beim Kauf von 20 Transport- und Lagerbehältern für mobile Satellitenempfangssysteme. Kosten: 450.000 Euro. Die Container, die jeweils Platz für sechs Empfangssysteme bieten, sind aber so groß, dass die Bundeswehr sie nicht in Flugzeugen in die Einsatzgebiete transportieren konnte.

Beim Innenministerium wurden die Rechnungsprüfer auf zwei Großprojekte aufmerksam, mit denen der Bund die Sicherheit des Sprach- und Datennetzes verbessern will. Kosten für Berater: in dreistelliger Millionenhöhe. In den vergangenen beiden Jahren habe das Ministerium Berater in 109 Fällen nach Aufwand vergütet, ohne die Arbeitsergebnisse geprüft zu haben.

(hom)
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