Betrug in dreistelliger Millionenhöhe Prozess gegen Ex-Chefs des Deutschen Tierhilfswerks beginnt

München (AP). Nicht von Pappe: Weil er Tierfreunde um ihre Spenden betrogen haben soll, stehen heute die ehemaligen Manager des Deutschen Tierhilfswerks in München vor Gericht. Es geht um Beträge in dreistelliger Millionenhöhe.

Hunderttausende von Tierfreunden in ganz Deutschland waren die Dummen. Völlig arglos zahlten sie ihre kleinen Mitgliederbeiträge an das Deutsche Tierhilfswerk (DTHW) oder den Förderverein Europäisches Tierhilfswerk (ETHW). Doch deren früherer Vorsitzender Wolfgang Ullrich (57) soll aus den Beitragseinnahmen mindestens 70 Millionen Mark unterschlagen haben. Ullrich und zwei frühere Mitarbeiter müssen sich seit Montag wegen Betrugs und Untreue vor dem Landgericht München II verantworten.

Bei dem Verfahren geht es um einen der größten Betrugsskandale bei einer wohltätigen Organisation in Deutschland. Allein von 1994 bis 1999 nahmen die beiden Hilfswerke zusammen rund 200 Millionen Mark ein. Davon kamen den Ermittlungen zufolge nur knapp sieben Prozent wirklich dem Tierschutz zu Gute. Neben den unterschlagenen Geldern sollen mit immensen Mitteln neue Mitglieder angeworben worden sein, die einen anhaltenden Geldfluss garantieren sollten. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft ging es den Beschuldigten nie wirklich um den Tierschutz. Ullrich soll zu einem Vertrauten einmal gesagt haben, er wolle "die Viechernarren kräftig abzocken".

Ullrich lehnte zum Prozessauftakt den Pflichtverteidiger ab und verlangte die Bestellung eines Anwalts seines Vertrauens. Darüber hinaus forderte er eine vorübergehende Aussetzung des Verfahrens: Er habe die Anklageschrift erst am 9. März erhalten und deshalb nicht genügend Zeit gehabt, sich auf seine Verteidigung vorzubereiten. Das Gericht stellte die Entscheidung darüber ebenso wie über einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter vorerst zurück.

Ullrich war Mitte Februar von Thailand nach Deutschland ausgeliefert worden. Er hatte sich vor längerer Zeit in den thailändischen Badeort Pattaya abgesetzt und als Millionär und Geschäftsmann mit Bars, deutschen Restaurants und Appartements zunächst ein unbeschwertes Leben genossen. Mit Frau und Töchterchen lebte er in einer respektablen Villa.

Dem Beitragsschwindel kam die deutsche Polizei durch Zufall auf die Spur. Auslöser war eine Anfrage der thailändischen Behörden an das BKA in Wiesbaden. Sie verdächtigten Ullrich des Drogenhandels. Das Polizeipräsidium Schwaben in Augsburg nahm die Ermittlungen auf und deckten die Veruntreuung der Mitgliedsbeiträge auf. Ullrichs Glückssträhne hatte ein Ende, als er in Thailand wegen der unverzollten Einfuhr einer Luxusyacht inhaftiert und in Auslieferungshaft genommen wurde.

Die deutschen Behörden hatten schon 1991 Verdacht geschöpft: Damals wurde dem ETHW die Gemeinnützigkeit aberkannt, ein Jahr später auch dem DTHW. Grund: Die Quote der für den Tierschutz eingesetzten Mittel sei zu gering.

(RPO Archiv)
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