Neue Akademie für percutanen Körperschmuck Profi-Piercerin mit Ausbildung

Köln (rpo). Piercen mit Ausbildung - nur eine Hand voll Menschen in Deutschland können sich mit dem Titel "Fachkraft für percutanen Körperschmuck" schmücken. Verena Müller gehört dazu und will den hässlichen Narben und schmerzhaften Entzündungen ein Ende bereiten.

Ihr Job geht unter die Haut. Verena Müller sticht ihren Kunden konzentriert und vorsichtig einen kleinen Silberring in den Bauchnabel. Das Besondere daran: Die 19-Jährige hat dabei - anders als die Kollegen in ihrer Branche - ein Ausbildungszeugnis in der Tasche, mit dem sich bisher nur eine Hand voll Menschen in Deutschland schmücken kann. Denn die Kölnerin ist "Fachkraft für percutanen Körperschmuck".

Gemeinsam mit vier Kollegen legte sie in diesem Sommer in Bergisch Gladbach bei Köln ihre Prüfungen im ersten Jahrgang der neuen Akademie für percutanen Körperschmuck ab. "Ich wollte mich erst genau mit Hygiene und Materialkunde auskennen und medizinisches Wissen sammeln, bevor ich mich an die Kunden wage", erklärt die 19-Jährige. Der Grund für ihre Vorsicht: "Bei einem solchen Eingriff kann einfach zu viel Schlimmes passieren."

Auf die gesundheitlichen Risiken des Piercens wird von Medizinern seit vielen Jahren hingewiesen. Hässliche Narben und schmerzhafte Entzündung gehören zu den häufigsten Schäden. Verena Müller berichtet von einem Extremfall, bei dem nach einem unsachgemäßen Ohr-Piercing das Ohr einer 15-jährigen Kölnerin amputiert werden musste.

Einjährige Vollausbildung für 5000 Euro

Die erste geprüfte Piercing-Fachkraft ist sich daher sicher: "Das Piercen kann man nicht mal eben so in ein paar Tagen lernen oder bei einem Wochenend-Seminar abhaken." Die 19-Jährige plädiert dafür, allen Piercern gesetzlich eine Ausbildung vorzuschreiben. Nur so könne man mehr Sicherheit in die Branche bringen. "Es ist einfach schlimm, mit welch geringen Kenntnissen so mache ihre Arbeit machen."

Das war auch der Grund für Martina Lehnhoff, die Akademie im August 2001 zu gründen. "Es läuft mir kalt den Rücken herunter, wenn ich mir überlege, wie viele Laien auf - grob geschätzt - 20 000 Kunden täglich einstechen", bringt es Lehnhoff auf den Punkt. In ihrer Schule unterrichten Dermatologen, Chirurgen und anderes Fachpersonal.

Die einjährige Vollausbildung, die Verena Müller für knapp 5000 Euro absolvierte, endete mit einer praktischen, schriftlichen und mündlichen Prüfung. Für medizinisches Fachpersonal - Krankenschwestern oder Sanitäter - wird eine achtwöchige Fortbildung angeboten. Zudem stehen Workshops und Seminare auf dem Programm, die sich vor allem an Modetrends orientieren.

Der absolute Renner ist Brustwarzenpiercing

Gefragt seien nach wie vor Bauch-Piercing, aber auch Intim- Schmuck, sagt Müller. "Der absolute Renner ist Brustwarzen-Piercing bei Männern und Frauen." Die Kunden kommen aus allen Altersklassen. Minderjährige müssten zu einem Beratungsgespräch immer einen Elternteil mitbringen, erklärt die Expertin. "Wer unter 16 ist, wird bei uns normalerweise gar nicht gepierct."

Mit ihren Knowhow will Verena Müller künftig die Leitung eines Studios nahe Köln übernehmen. Angst, dass sich auch in ihrem Laden einmal ein Kunden verletzten könnte, hat sie nicht. Ihre Sorge gilt eher der Zukunft des gesamten Gewerbes: "Wenn die Kunden weiter Schaden an Leib und Leben nehmen - dann wird eines Tages ein Riegel vorgeschoben, und die Studios werden einfach dicht gemacht."

(RPO Archiv)
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